1oo Jahre FVB

Folgende Texte und Aufsätze stammen aus dem Buch „100 JAHRE FUSSBALL IN BIEBRICH“, das unter der Federführung von Hans Joachim Vogt, Heinz-Jürgen Hauzel und Horst Schuhmacher entstand.

Grußwort des Schirmherrn

Liebe Fußballfreunde, liebe Gäste,100 Jahre Biebricher Fußballverein – dies ist wahrlich ein Grund zur Freude und zum Feiern. Gerne habe ich als ehemaliger langjähriger aktiver Fußballer die ehrenvolle Aufgabe desSchirmherren für das Jubiläumsjahr übernommen. Gehört doch gerade der Biebricher Fußballverein 1902 zu den Vereinen, die im Laufe ihrer Geschichte durch ehrenamtlichesEngagement, Einsatzbereitschaft und angetrieben von dem Willen und Bestreben, über den Sport die Kameradschaft zu pflegen, hervorragende Leistungen erbracht haben.

Heute, 100 Jahre nach der Gründung, gilt es jenen Dank zu sagen, die am 10. November 1902 im „Deutschen Kronprinzen“ in Biebrich diesen, unseren Verein gegründet haben. Über allerschwerste Zeiten hinweg hat sienie der Wille und Mut verlassen, diesen Verein zu erhalten. Sie haben mit viel Schweiß den Grundstein gelegt, für das, was heute oftmals als selbstverständlich erachtet wird. Siehaben etwas geschaffen, das heute, 100 Jahre später, genauso populär ist wie in den Gründerjahren.

In all den Jahren der Vereinsgeschichte haben sich immer wieder Idealisten gefunden, die – getragen vom Sportgeist – die Ärmel hochkrempelten und mit Ehrgeiz und Motivation den Verein in seinem Fortbestand gesichert haben. Ihnen allen verdanken wir, dass der Verein heute, im 100. Jahr seines Bestehens, mit Stolz auf seine Vergangenheit zurückblicken und mit Zuversicht den Weg in die Zukunft gehen kann. Die aktive Jugendarbeit, die der Biebricher Fußballverein leistet, ist ein Garant hierfür. Die Mitarbeit in Vereinen verbindet Jung und Alt und fördert die Kameradschaft. Ich bin mir sicher, dass Sie gerade diesen Gemeinschaftsgeist bei den Jubiläumsfeierlichkeiten bemerken werden.

Als Schirmherr gratuliere ich dem Verein zu seinem Jubiläum und wünsche ihm eine blühende Zukunft. Für das Jubiläumsfest wünsche ich Ihnen und allen Gästen Tage
des Frohsinns und der Erinnerung an schöne alte Zeiten. Sie alle bitte ich, den Biebricher Fußballverein 1902 auch weiterhin so tatkräftig zu unterstützen, damit das Geschaffene erhalten und ausgebaut werden kann.

Ihr Alfred Meinhardt, Schirmherr

100 Jahre Biebricher Fußballverein 1902

Wenn der Biebricher Fußballverein im Jahre 2002 sein 100-jähriges Bestehen feiert, bedeutet dies 100 Jahre Fußball in Biebrich und für viele Generationen junger
Fußballinteressierter die Möglichkeit, diese Sportart auszuüben.

In den vielen Jahrzehnten haben sich die Vereinsstruktur und der Fußball ständig verändert – Verein und Sportart haben sich zeitlichen Gegebenheiten angepasst. Die Verantwortlichen haben immer die gleichen Ziele verfolgt. Sportliche Erfolge verbunden mit Teamgeist, Kameradschaft und Toleranz wurden angestrebt. Die Chronik des Vereins weist aus, dass trotz sehr wechselvoller Geschichte und auch vieler schwieriger Zeiten der Verein immer festen Boden unter den Füßen behalten hat. Der heutige Zeitgeist stellt den Verein vor neue Herausforderungen. Diefrüher praktizierten Grundwerte sind durch die Reizüberflutung unserer Freizeitgesellschaft für viele nicht mehr erstrebenswert. Die Aufgabe der heutigen Vereinsführung ist es, den Verein gesichert in das zweite Jahrhundert seines Bestehens zu führen.

Unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Biebrich soll durch dieses Jubiläum bewiesen werden, wie wichtig Vereine für Biebrich und unsere Gesellschaft sind. Wenn 250 Kinder und Jugendliche im Jubiläumsjahr unser Angebot nutzen, ist dies der beste Beweis für die Notwendigkeit unseres Vereins.

Nach über vierzig Jahren aktiven Mitgestaltens bin ich überzeugt, dass das Jubiläumsjahr die Chance für neue Impulse und Perspektiven bieten wird. Meinem Verein Biebrich 02 wünsche ich eine gute und erfolgreiche Zukunft.

Horst Klee, 1. Vorsitzender

100 Jahre Deutscher Fußballbund

Eine vom DFB-Ehrenpräsidenten akualisierte Fassung seiner Festrede vom 28. Januar 2000 in Leipzig

Die Zeit ist kurzlebig und doch sind 100 Jahre – nicht nur nüchtern und statistisch betrachtet – mehr als eine kurze Spanne, vor allem wenn man die Entwicklung des Fußballs in sie einblendet, seinen Siegeszug um den Erdball Revue passieren lässt und die immer aufs Neue von ihm ausgehende Fazination erkennt. Das Bild vom Ball, der um die Welt fliegt, hat ebenso Symbolcharakter wie die Feststellung, dass der Fußball bei aller sportlicher Rivalität doch immer ein Spiel ist. Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass er eine wichtige Rolle als Mittler und Förderer von Integrität im Sinne gesellschaftlicher Vorstellungen, aber auch Verantwortung, übernommen hat.

Ich persönlich empfinde es als eine große Auszeichnung, dass ich im Jahr des 100-jährigen Bestehens als Präsident an der Spitze des Verbandes stehen durfte. Viele Gedankenhaben mich in den vergangenen Tage und Monaten beschäftigt. Es waren besonders Gefühle der Dankbarkeit, die ich schon als junger Mensch und nicht erst als Präsident des DFB empfundenhabe, der für mich zeitlebens eine Herzensangelgenheit war. Sein Wesen ist ein sinnliches Tun, das Brücken baut zu den Menschen in der ganzen Welt, Kultur, weil der Sport über den Broterwerb des Menschen hinaus geeignet ist, Lebensqualität zu vermitteln.

Uns alle verbindet die Liebe zum Fußballsport. In dieser Gemeinsamkeit finden wir Kraft und die Stärke zur Gestaltung der uns übertragenen Aufgaben vor 100 Jahren, heute und auch morgen.

Wir sind für die Weltmeisterschaft 2006 gut gerüstet. Das haben uns zumindest die Delegierten der FiFa- Inspektionsgruppe eindrucksvoll bestätigt. Es war die Bewerbung eines über viele Jahre leidvoll geteilten Landes. Millionen von Menschen im früher noch geteilten Europa haben deshalb im Jahr 2006 erstmalig die Gelegenheit, ohne Reisebeschränkungen in voller Freiheit die Spiele im vereinten Deutschland unmittelbar zu erleben.

Ich bin mir daher sicher, dass die Vergabe der WM 2006 an Deutschland eine Entscheidung von höchster sport- und gesellschaftspolitischer Bedeutung für Europa war.

Die nunmehr 100-jährige Geschichte des DFB ist eine sehr wechselvolle. Sie ist geprägt von Triumphen, Erfolgen, aber auch – das sollte nicht vergessen werden – von Tiefs und bitteren Rückschlägen. Sie ist zwangsläufig auch wechselvoll, weil die Geschichte des Fußballs untrennbar eng verbunden ist mit der deutschen Geschichte im vergangenen Jahrhundert. Der Fußball ist in unserem Land in einer Epoche zunehmender Industrialisierung aus der Taufe gehoben worden. Er war schon damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts für viele, nach Freizeitausgleich und sozialer Geborgenheit strebende Menschen eine Art von Heimatersatz.

In den Zeiten wirtschaftlichen Elends und hoher Arbeitslosigkeit nach dem 1. Weltkrieg blieb der Fußball für die Menschen stets ein Ankerplatz in einem sicheren Hafen, wo ihnen das starke Gefühl der Hoffnung vermittelt wurde, dass mit einem gesunden Selbstbewusstsein und Selbstbehauptungswillen die Talsohle durchschritten werden kann.

Der Moloch Nationalsozialismus vereinnahmte mit der ihm eigenen Brutalität auch den Fußball und missbrauchte ihn für seine Ziele und Ideologie. Manche – das lässt sich nicht leugnen – haben sich auch vereinnahmen lassen. Andere tolerierten jene Machtergreifung. Ich will feststellen: Wir waren sicherlich keine Widerstandsbewegung. Diejenigen aus unseren Reihen, die Widerstand leisteten, fanden sich häufig in den Konzentrationslagern wieder.

Die Schmach dieses Zeitalters dürfen wir nie vergessen, sondern wir müssen dauerhaft unsere Lehren daraus ziehen. Ich weiß mich in Übereinstimmung mit unserem verehrten ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, wenn ich sage: Es geht nicht darum, Vergangenheit zu bewältigen. Das kann man gar nicht. Wer aber die Augen vor der Vergangenheit verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, wird anfällig für neue Ansteckungsgefahren.

Bis 1990 gab es zwei deutsche Fußballverbände: den DFB und den DFV. Was einst getrennt war, ist gottlob inzwischen wieder zusammengewachsen. Im Bereich des Fußballsports ist dies dank des großen Engagements vieler positiver Kräfte besonders schnell und gut gelungen.

Es sei mir gestattet, dass ich hierbei sehr intensiv meines viel zu früh verstorbenen Vorgängers Hermann Neuberger noch einmal gedenke. Er war es, der in seiner unnachahmlichen Art und mit nie erlahmender Energie die Vereinigung der beiden Verbände vorangetrieben hat, wobei er in Dr. Moldenbauer einen idealen Partner an seiner Seite hatte.

Wenn wir nun den Blick nach vorn richten, wird es selbstverständlich von größter Wichtigkeit sein, alles zu tun, um das allseits anerkannte hohe sportliche Leistungsvermögen national und auch international zu erhalten. Von Verbandsseite her werden wir mit der geplanten Strukturreform dafür auch die Weichen stellen. Entscheidend wird es indes darauf ankommen, die Interessen des Fußballs in seiner Gesamtheit unter der Verantwortung des DFB zu behalten. Natürlich werden wir dem professionellen Fußball aus Überzeugung eine große Eigenständigkeit zubilligen. Die große Solidarität des Fußballs insgesamt darf allerdings nie angetastet oder gar in Frage gestellt werden.

Wir stehen nämlich nicht nur für 36 Profiklubs ein, sondern fühlen uns verpflichtet, gemeinsam mit unseren Profi-Ligen die Interessen aller unserer fast 27.000 Vereine in Deutschland unter der Führung des DFB engagiert zu vertreten. Nur so kann nämlich die Einheit des deutschen Fußballs als tragende Säule unseres Verbandes gewahrt und gesichert werden.

Die Gemeinschaft der 6,3 Millionen Menschen im DFB muss sich natürlich immer wieder in Frage stellen lassen und muss sich auch Fragen stellen, wie das Zusammenleben in unserer Gesellschaft überhaupt aussieht. Sie wissen alle, dass ich dem sozialen Engagement, also der tätigen Hilfe von Menschen für Menschen, eine sehr große Bedeutung beimesse. Wir dürfen nie die Augen vor den Sorgen und Nöten unserer Zeit verschließen, vor dem zum Teil sehr starken Gefälle zwischen den reichen und den benachteiligten Ländern und Verbänden, vor dem drohenden Auseinanderdriften von Besitzenden und Wenigerbesitzenden, vor dem Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit, vor Gewalt und den Problemen, die sich beispielsweise aus der Verschiedenartigkeit der Kulturkreise ergeben.

Fußball muss immer mehr sein als „1:0“. Der DFB ist stolz darauf, eine „Bilanz der guten Taten“ vorweisen zu können.

Erinnert sei hier zum Beispiel an das Wirken der „Sepp-Herberger-Stiftung“ oder der „Mexico-Hilfe“. Der Fußball muss im Sinne der Verständigung stets die Rolle eines Mittlers zwischen Menschen und Völkern übernehmen. Deshalb wird der DFB auch in Zukunft alles in seiner Macht Stehende unternehmen, dass Randgruppen wie Hooligans, Rechts- oder Linksradikale oder andere blindwütige Fanatiker keine Plattform für ihre Menschen verachtenden Aktivitäten finden.

Ein Jahrhundert mit vielen großen Ereignissen, Bewegungen und Umwälzungen liegt hinter uns. Nun müssen wir uns aber offensiv den Herausforderungen des neuen Jahrtausends stellen. Und da bewegt mich ein Gedanke ganz besonders: Fußball muss Volkssport bleiben! Er darf nie von Geschäftemachern missbraucht werden, die nur eines im Auge haben: den grenzenlosen Profit um jeden Preis.

Wir können das Rad der Geschichte nicht anhalten oder gar zurückdrehen. Wer aber glaubt, Fußball sei nur noch ein „Millionenspiel“, der irrt. Fußball ist vielmehr ein „Spiel für Millionen“, welche er auch in Zukunft in seinen Bann ziehen wird. Davon bin ich überzeugt.

Auch in meinem Alter hat man noch Träume: Ich träume auch weiterhin von einem Fußballsport, der sich nicht im Fernsehen „totsenden“ oder in selbstgefälligen Shows „platt reden“ lässt, sondern von einem Fußballsport, der seine gesellschaftlichen Werte verteidigt, sich nicht missbrauchen lässt und der damit den Zeitgeist – so wie er es immer getan hat – positiv mitgestaltet. Unser wirkliches Kapital sind die Millionen von Menschen und nicht die anonymen Aktien und Aktionäre einer Kapitalgesellschaft.

Unsere Fans, unsere wichtigsten Begleiter in unserem Sport, müssen unseren Fußball erleben und an ehrliche Leistungen glauben dürfen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen, und wir sind bereit für diesen Kampf.

Wir sollten heute mit Dankbarkeit, Freude und Stolz auf das bisher Erreichte zurückblicken, aber auch in aller Öffentlichkeit bekunden, dass wir das neue Jahrhundert mit Mut und Zuversicht angehen wollen. Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass wir erfolgreich sein werden, weil sich auch zukünftig immer wieder Frauen und Männer ehrenamtlich in den Dienst des Fußballs stellen, weil sie wissen, dass sie sich damit dem Dienst an und für Menschen insbesondere der Jugend und der zukünftigen Generation widmen.

Der dem Fußball sehr zugetane Schriftsteller Rohr Wolf hat einmal gesagt: „Die Welt ist zwar kein Fußball, aber im Fußball findet sich eine Menge Welt.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!

Egidius Braun

100 Jahre Vereinsgeschichte – 100 Jahre Biebricher Ortsgeschichte

Vereinsgeschichte ist zugleich auch Ortsgeschichte. Die Geschichte des Fußball-Vereins Biebrich 02 ist zugleich auch ein Teil der Biebricher Ortsgeschichte. Beide sind eng miteinander verbunden, sie sind voneinander abhängig, sie bedingen einander. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens soll diese enge Verbindung von Vereins- und Ortsgeschichte aufgezeigt werden und zwar entsprechend der jeweiligen Jubiläumsdaten.

I. Biebrich im Gründungsjahr des Vereins

Das Gründungsjahr des Fußball-Vereins Biebrich 02 führt uns in eine der wichtigsten Epochen der Biebricher Geschichte. In den Jahrzehnten vor 1914 war im Deutschen Reich in fast allen Bereichen, insbesondere in den technischen und wirtschaftlichen, eine ungeheuere Dynamik festzustellen. Diese Dynamik erstreckte sich auch auf die Kommunen. Die wilhelminische Epoche, so benannt nach Kaiser Wilhelm II., der ab 1888 als deutscher Kaiser und König von Preußen regierte, kann geradezu als eine Zeit der Kommunen bezeichnet werden. Damals wurden die infrastrukturellen Grundlagen unserer heutigen Städte und Gemeinden gelegt. Dies ist heute für uns deutlich erkennbar, insbesondere an den Bebauungsplänen, den Versorgungseinrichtungen mit Wasser, Strom und Gas sowie der Errichtung von Schulen und der Einrichtung von Krankenhäusern.

Biebrich – eine selbständige Stadt

Das war auch in Biebrich so, das 1902 noch eine selbständige Stadt war, also noch nicht nach Wiesbaden eingemeindet war – ein Schritt, der erst 1926 erfolgen sollte. Das Prädikat „Stadt“ hatte man bereits 1882 angenommen, und ab 1893 nannte man sich offiziell „Stadt Biebrich am Rhein.“ Die Stadt zählte am 30. 10. 1902 – also zwei Wochen vor der Vereinsgründung – 15.956 Einwohner. Sie war nach Wiesbaden die größte Stadt in dem 1867 nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch Preußen (1866) gebildeten Regierungsbezirk gleichen Namens; zugleich gehörte sie zum Landkreis Wiesbaden.

Verdoppelung der Einwohnerzahl

In den beiden Jahrzehnten zwischen 1890 und 1910 verdoppelte sich nahezu die Einwohnerzahl von 11.023 auf 21.199. Allein daraus lässt sich die gewaltige Dynamik jener Jahre erkennen.

Interessant ist allerdings auch, dass es damals in Biebrich und seinem nördlichen Stadtteil Mosbach noch insgesamt über 900 landwirtschaftliche Gehöfte gab mit 464 Pferden, 531 Stück Rindvieh, 39 Schafen und 683 Schweinen, und das, obwohl sich Biebrich-Mosbach bereits seit mitte des 19. Jahrhunderts dank der überaus günstigen Lage im Rhein-Main-Gebiet vom Bauerndorf zu einem bedeutenden Handels- und Gewerbeort gewandelt hatte.

Aus allen ärmeren Gegenden Deutschlands waren die Menschen hierher gezogen, um in den Biebricher Industriewerken Arbeit zu finden. Die Biebricher Industrie bestand zu Beginn des Jahrhunderts im wesentlichen aus den Firmen Kalle ± Co. Fabrik von Teerstoffen, chemischen und pharmazeutischen Produkten; Chemische Werke, vormals H. und E. Albert, Fabrik für künstlichen Dünger; Dyckerhoff ± Söhne, Portland-Zementfabrik; Dyckerhoff ± Widmann A.G. Zementwarenfabrik und Unternehmung für Betonbauten; Teerproduktenfabrik Biebrich von Seek ± Alt; Rheinhütte, Eisengießerei G.m.b.H. vorm. L. Beck ± Co; Thonwerk Biebrich A.G., Fabrik hochfeuerfester Produkte, sowie der Biebricher Makkaroni und Eierteigwarenfabrik G.m.b.H. Vater ± Co. und der Musikinstrumentenfabrik W. Heckel. Sie alle sind in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Biebrich gegründet worden, ihre Produkte tragen zum Teil bis heute den Namen unserer Stadt in alle Welt.

Ausbau der städtischen Infrastruktur

Den vielfältigen Anforderungen, die an eine derart gewachsene Stadt gestellt wurden, waren die Stadtväter nachgekommen. Unter hohem Aufwand an Kosten wurden Wasserleitungen gelegt, Kanalisation gebaut, Straßen gepflastert, Gehwege befestigt und freie Plätze angelegt. Rathenauplatz (Kaiserplatz), Friedensanlage (Wilhelmsanlage) und Herzogsplatz entstanden damals. Die Stadt hatte 1900 von der großherzoglich Luxemburgischen Finanzkammer den Borkholder Hof mit seinen etwa 17.800 Quadratmeter umfassenden Ländereien für über 180.000 Reichsmark angekauft und außerdem den bis 1855 genutzten altenFriedhof, der sich von der Mosbacher Kirche bis in die heutige August-Wolff-Straße (früher Gartenstraße) erstreckte, aufgelassen. Das gesamte Gelände wurde zu Bauplätzen parzelliert, um damit die Möglichkeit einer Großzügig angelegten städtebaulichen Entwicklung zwischen den beiden alten Ortskernen von Biebrich und Mosbach zu eröffnen. Damals entstand an der Kaiserstraße (heute Straße der Republik) ein ganz neuer Stadtteil. Die großen Mietshäuser mit ihren imposanten Fassaden beeindrucken noch heute. Der besonders herausgehobene Gebäudekomplex am Herzogsplatz wurde gerade 1902/03 errichtet.

Besonders hervorzuheben ist, dass Biebrich 1902 mit vier Volksschulen über ein vorzügliches öffentliches Schulsystem verfügte, an dessen Spitze das Realgymnasium mit Realschule, aus dem später die Riehlschule hervorging, und das Lyzeum standen. Auch die ärztliche Versorgung war voll gewährleistet, und im 1888 eingeweihten Krankenhaus an der Frankfurter Straße (heute Altenheim) waren alle notwendigen Abteilungen vorhanden.

Eine fortschrittliche Verwaltung

An der Spitze der Stadtverwaltung standen im Gründerjahr 1902 Rudolf Vogt als erster und August Wolff als zweiter Bürgermeister. Der erfahrene Verwaltungsjurist Vogt hatte 1891 sein Amt als Nachfolger von Johann Heppenheimer, der 30 Jahre die Gemeindeverwaltung leitete und 1893 zum Ehrenbürger ernannt wurde, angetreten und blieb bis zum Ende der Eingemeindungsverhandlungen; er war 1906 zum Oberbürgermeister und 1918 zum Geheimen Regierungsrat ernannt worden. August Wolff war zugleich Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses in Berlin. Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung war der Fabrikant Dr. Ludwig Beck (1841 – 1918). Für seine Verdienste um die Stadt wurde ihm 1915 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Die Wahl der Vertretung im Biebricher Rathaus wurde seinerzeit nach dem im Königreich Preußen geltenden Drei-Klassen-Wahlrecht vorgenommen, durch das die Einwohner mit geringem oder gar keinem Steuereinkommen politisch erheblich benachteiligt wurden.

Auf ihr Rathaus waren die Biebricher besonders Stolz. Es war 1876 auf der Grenze zwischen Biebrich und Mosbach errichtet worden. Doch die zahlreichen neuen Aufgaben einer modernen Stadtverwaltung ließen das Rathaus schon nach kurzer Zeit aus allen Nähten platzen, so dass einige Ämter sogar ausgelagert werden mussten. Erst als das Haus 1906 umgebaut worden war und einen Anbau erhalten hatte, war die Raumfrage endlich zufriedenstellend gelöst.

Günstige Verkehrmäßige Erschließung

Verkehrsmäßig war Biebrich ausreichend angebunden. Vier Bahnhöfe gehörten 1902 zur Stadt: der Rheinbahnhof, auf der Anhöhe oberhalb des Zollamtes, der 1905 zur Wilhelm-Kalle-Straße zurückverlegt wurde, die Bahnhöfe Curve (Biebrich-Ost) und Biebrich-West sowie die Station Chausseehaus im Biebricher Wald an der Aartalbahn gelegen (Zu Biebrich gehörten damals große Waldgebiete am Fuße des Schläferskopf). Bedauerlich war allerdings, dass keine Schnellzüge hier anhielten.

Auch die verkehrsmäßige Verbindung nach Wiesbaden war gut gelöst. Seit dem 18. Mai 1899 fuhr die Dampfbahn zwischen dem Rheinufer und der Station Beausite im Nerotal. Mit der Jahrhundertwende wurde sie von der elektrischen Straßenbahn abgelöst. Die süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, die die Straßenbahn betrieb, errichtete 1902/03 ihren Betriebshof, das Depot (das heutige Galateazentrum). Auch nach Mainz bestanden mit der Straßenbahn und den Lokalbooten gute Verbindungen.

Der Biebricher Hafen hatte damalsnoch eine viel größere Bedeutung als heute. Zunächst natürlich für den Fremdenverkehr. Biebrich war auf der rechten Rheinseite die erste Dampferstation in Preußen. Hier landeten alle Schiffe der beiden großen Rheindampferlinien, der Köln-Düsseldorfer und der Niederländer. Von hier aus konnte man am bequemsten die internationalen Badeorte Wiesbaden, Langenschwalbach (Bad Schwalbach) und Bad Homburg sowie die Handels- und Messestadt Frankfurt am Main erreichen. Aber auch für eine große Anzahl von Güterdampfern bildete Biebrich einen idealen Landeplatz, zumal ein Königliches Zollamt mit Lagerräumen vorhanden war.

Biebrich – ein attraktiver Wohnort

Für die Touristen war nicht nur das Biebricher Schloß eine große Attraktion. Es war noch im Besitz des früheren Landesherrn, des Herzogs Adolph von Nassau, der 1866 nach dem Ende des preußisch-östereichischen Krieges seinen Thron verloren hatte, aber 1890 Großherzog von Luxemburg geworden war. Er hatte noch rege Kontakte zu seiner Geburtsstadt, und die Stadtväter hatten es sich nicht nehmen lassen, im Rathaus seine Büste neben der des neuen, preußischen Landesherren aufzustellen. Auch der Schloßpark „mit seinen wundervollen alten Bäumen, seinen sattgrünen Wiesenmatten, den Springbrunnen und Weihern sowie seiner epheuumsponnenen Ruine, der Mosburg“ war ein Anziehungspunkt für Fremde und Einheimische.

Neben dem Schloß beherrschte die 1859 bis 61 für das Nassauische Jägerkorps errichtete Rheinkaserne das Rheinufer; 1902 war dort die Königlich Preußische Unteroffiziersschule untergebracht. Sie galt der Lage nach als eine der schönsten Kasernen Deutschlands. Hinzu trat dann noch die neue evangelische Kirche, die Oranier-Gedächtniskirche, für die gerade am 5. Oktober 1902 in feierlicher Weise der Grunstein gelegt wurde.

So konnte damals unsere Stadt in einer Ortsbeschreibung gerühmt werden: „Die Stadtverwaltung im Verein mit der Bürgerschaft ist bestrebt, Wohnung und Aufenthalt in Biebrich immer freundlicher und behaglicher zu gestalten. Kanalisation, Wasserleitung, Elektrizitäts- und Gaswerk ist in Ordnung. Die Straßen sind sauber; hübsche Plätze mit wohlgepflegten gärtnerrischen Anlagen erfreuen das Auge. Auch der Tourist weilt gern hier und genießt, etwa nach einem Spaziergang durch den Schloßpark oder einem erfrischenden Rheinbad, mit Behagen von einem der Wirtschaftsgärten am Rhein aus den interessanten Anblick, den das beständig wechselnde Bild des Verkehrs auf dem breit dahinflutenden Rheinstrom gewährt. So erscheint Biebrich höchst günstig gelegen für Verkehr, Handel, Gewerbe und nicht zum mindesten als Wohnplatz.“

II. Seit dem 1. Oktober 1926 Wiesbaden-Biebrich

Als der Fußball-Verein 1927 sein 25-jähriges Jubiläum begehen konnte, warim kommunalen Leben Biebrichs ein tiefer Einschnitt eingetreten: Biebrich war nach Wiesbaden eingemeindet worden. Die einstige Stadt Biebrich am Rhein hatte ihre Selbständigkeit verloren. Mit der Aufgabe der Selbständigkeit ging eine erfolgreiche kommunale Geschichte zu Ende.

In der Biebricher Bevölkerung, insbesondere bei vielen Älteren, wird dies auch heute noch oft bedauert. Man kann dann hören, der 1. Oktober 1926 sei ein „schwarzer Tag“ gewesen, Wiesbaden habe damals Biebrich „geschluckt“, um an den Rhein zu gelangen und sich die Steuereinnahmen der Biebricher Industriewerke zu sichern. Biebrich hätte die damalige finanzielle Krise auch aus eigenen Kräften überwinden können. Mit heute rund 40.000 Einwohnern könnte biebrich neben Wiesbaden und Mainz im Rhein-Main-Gebiet als selbständige Stadt bestehen, so wie Hochheim oder Niedernhausen. Doch entspricht diese Ansicht nicht den historischen Gegebenheiten vor 75 Jahren.

Seit 1895 Verhandlungen zur Eingemeindung

Bei der Eingemeindung Biebrichs nach Wiesbaden handelt es sich nicht um eine kurzfristige Entscheidung des Jahres 1926, sondern diese Frage zog sich über einen Zeitraum von einem Vierteljahrhundert hin. Bereits 1895 hatte der damalige Biebricher Bürgermeister Rudolf Vogt die Eingemeindung nach Wiesbaden für wünschenswert angesehen und entsprechende Verhandlungen mit dem Magistrat von Wiesbaden angeregt, weil eine zukünftige gedeihliche Entwicklung der beiden Städte nur gemeinsam Erfolg haben würde. Damals hatte allerdings Wiesbaden kein Interesse an der Industriestadt am Rhein. Wiesbaden fürchtete um seinen Ruf als Weltkurstadt. Als nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erneut die Frage einer Eingemeindung auf der Agenda stand, wurde dies vom Wiesbadener Magistrat erneut abgelehnt. Doch waren es die katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit, die letztlich die beiden Städte zum Handeln zwangen.

Biebrich in finanzieller Notlage

Die Stadt Biebrich befand sich schon seit Jahren infolge der durch die Kriegs- und Nachkriegszeit verursachten Belastungen in einer schweren finanziellen Notlage. Die großen Industriewerke lagen nicht auf Biebricher Stadtgebiet, sondern in Amöneburg auf dem Gebiet des Volksstaates Hessen – bis 1918 Großherzogtum (Hessen-Darmstadt). Sie führten ihre Steuern nach Darmstadt bzw. nach Mainz ab. Demgegenüber hatte Biebrich als Wohnsitzgemeinde des größtenTeils der Arbeitnehmer alle Soziallasten zu tragen, die insbesondere durch die steigende Zahl der Arbeitslosen immer mehr anwuchsen. Außerdem war Biebrich durch die französische Besatzungszone seit 1919 vom übrigen Deutschen Reich abgetrennt. Dadurch waren die geschäftlichen Verbindungen der in Biebrich ansässigen Firmen stark zurückgegangen, so dass auch hier die nötigen Steuerzahlungen ausblieben. Dazu kam, dass das Vermögen der Stadt durch die Kriegszeit, die Besatzungsmaßnahmen und durch die Inflation total geschmolzen war; der Rest wurde schnell durch die sozialen Maßnahmen aufgezehrt.

Schließlich hatte Biebrich rund zwei Millione Mark Schulden. Eine Sanierung aus eigenen Kräften war unmöglich, zumal keine Hilfe von außen, von der Reichsregierung bzw. dem preußischen Finanzministerium, zu erwarten war. Es blieb nur die Vereinigung mit dem finanzstärkeren Wiesbaden. So kam es im Dezember 1923 zum Abschluss des Eingemeindungsvertrages. Am 28. Oktober 1926 verabschiedete der Preußische Landtag in Berlin das Gesetz über die Erweiterung des Stadtkreises Wiesbaden. Damit war die Eingemeindung von Biebrich, Schierstein und Sonnenberg nach Wiesbaden rückwirkend zum 1. Oktober 1926 vollzogen.

Mit der Eingemeindung Biebrichs nach Wiesbaden erhielt die Weltkurstadt ein Gemeinwesen mit modernster Infrastruktur. Unvoreingenommen gesehen war die Eingemeindung notwendig gewesen, nachteilig wirkte sich allerdings aus, dass nach und nach das kommunalpolitische Eigenleben Biebrichs immer mehr zurückging.

Da jetzt eine stabile Währung vorhanden war, es auch alle Materialien zu haben gab, konte die Bauwirtschaft in großem Stil tätig werden. Große Hilfe bot auf diesem Gebiet besonders der Marshsallplan, mit dessen Unterstützung der soziale Wohnungsbau erst richtig begonnen werden konnte.

Grundsätzlich wurden zunächst die vorhandenen Altbaugebiet durch Neubauten abgerundet und die teilweise stark zerrissenen Ortsränder durch eine geordnete Bebauung organisch geschlossen. Dieser Abschnitt begann 1950, als in der Gartenstraße (August-Wolff-Straße) und Elise-Kirchner-Strße sowie in der Karlstraße (Teplitzstraße) und der Pfälzerstraße Wohnbauten errichtet wurden.

Ab 1954 wurde dann das freie Feld hinter dem Straßenbahndepot sowie das Ackergelände an der Frankfurterstraße (Breslauer Straße) als reines Wohngebiet bebaut.

Als Ende der 50er Jahre das in unmittelbarer Nähe gelegene Baugelände erschöpft war, bemühte man sich um neue Erschließungsgebiete. So entstanden in den 60er Jahren auf der Adolfshöhe und auf dem Gräselberg zwei neue Wohngebiete.

Die Einwohnerzahl war in den 50er Jahren von 34.278 (1953) auf 37.727 (1958) gestiegen.

Ortsbeirat und Ortsverwaltung

Mit dem demokratischen Neubeginn nach dem Ende des so genannten Dritten Reiches blieb Biebrich weiterhin Stadtteil von Wiesbaden. Ein Wiedererlangen der Selbständigkeit wurde damals nicht ernsthaft erwogen. Im Biebricher Rathaus wurde erneut eine Verwaltungsstelle eingerichtet, die zahlreiche Aufgaben zu erfüllen hatte. Erster Verwaltungsstellenleiter war Heinrich Neusel. Ab 1. Oktober 1949 leitete Jakob Oswald die Verwaltungsstelle.

Mit der Einführung eines Ortbeirats erhielten die Biebricher wieder eine Art „Gemeinderat“: Zwar wurden die Mitglieder zunächst nicht direkt gewählt (dies war erst ab 1972 möglich), sondern sie wurden von der Stadtverordnetenversammlung bestimmt. Dennoch bestand nunmehr eine Institution, die Vorschläge und Anregungen bei den städtischen Körperschaften einbringen konnte und außerdem für die kleineren und größeren Sorgen der Bürger ein offenes Ohr hatte. Erster Vorsitzender des Ortsbeirats war Christian Krauß (CDU). Ihm folgte von 1950 bis 1956 Jakob Spitzer (CDU). Nach dessen plötzlichem Tod trat Martin Hörner (SPD) bis 1968 an die Spitze des Ortsbeirats.

III. Jahre des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg

Das 50jährige Jubiläum fand in einer Zeit Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg statt. Eines der wichtigsten Probleme in dieser Zeit war die Lösung der Wohnungsnot. Zwar blieb Biebrich im Zweiten Weltkrieg das Schicksal anderer Stäste wie Mainz , Gießen oder Darmstadt mit einer Totalzerstörung erspart, dennoch waren im Stadtgebiet durch Bombenangriffe 106 Gebäude völlig zerstört worden, über 800 Wohnungen ausgebombt. Hinzu kamen zahlreiche Familien, die nach der Bestetzung Biebrichs durch amerikanische Truppen ihre Häuser und Wohnungen auf der Adolfshöhe für die Unterbringung der Besatzungssoldaten hatten räumen müssen.

Besonders prekär wurde die Situation, als Flüchtlingsfamilien ankamen, die nach den Beschlüssen der Potsdamer Konferenz aus ihrer angestammten Heimat vertrieben worden waren. Waren am 1. Mai 1946 beim öffentlichen Wohnungsamt 325 Wohnungssuchende mit zusammen 1113 Personen gemeldet, so standen wenig später etwa 5000 Flüchtlinge vor den Toren der Stadt, die untergebracht werden mussten. Die Menschen mussten also noch mehr zusammenrücken, Waschküchen und Gartenhütten wurden damals zu Notquatieren. Biebrichs Einwohnerzahl stieg von 27.995 (1946) in vier Jahren auf 32.512 (1950).

Mit zunächst bescheidenen Mitteln ging man gemeinsam ans Aufbauen. Dazu zählte zunächst einmal der Ausbau zahlreicher Dachgeschosse. Erste Neubauten entstanden 1946 auf städtischem Gelände an der Schulstraße (heute Wilhelm-Tropp-Straße).

Aufbruch nach der Währungsreform

Mit der Währungsreform im Jahre 1948 begann dann die eigentliche Epoche des Aufbaus und der Stadterweiterung. Am 21. Juni 1948 trat das Gesetz über die neue Währung – Deutscche Mark genannt – in Kraft. Von einem Tag auf den anderen war die Reichsmark für ungültig erklärt worden.Die naoch in Umlauf befindlichen Banknoten, Münzen und Briefmarken waren auf einmal nur noch ein zehntel ihres Nennwertes wert. Jeder Einwohner erhielt einen Kopfbetrag von 60 DM im Umtausch gegen 60 RM; 40 DM wurden sofort, die restlichen 20 DM einen Monat später ausgezahlt. Die neue Währung bewirkte ein Wunder. Auf einmal war in den Geschäften alles zu haben, was bisher nur unter größten Schwierigkeiten „beschafft“ werden konnte. Doch war die Bevölkerung mit der Ausgabe des neuen Geldes sehr Zurückhaltend, da keiner wusste, wann die nächste Auszahlung erfolgen würde.

IV. Neue Impulse für das Biebricher Vereinsleben in den 70er Jahren

Als 1977 der BFV 02 75 Jahre geworden war, hatte sich eine neue Situation ergeben

Die 60er Jahre waren für das Vereinswesen eine Zeit des Niedergangs. Nach einem regen Vereinsleben in der Nachkriegszeit war plötzlich eine Zeit der Depression angebrochen. Noch in den 50er Jahren belebten die Orchester und Gesangsvereine mit ihren Konzerten die Wintermonate in Biebrich, und auch die Tabellenplätze der Sport- und Turnvereine zeigten, dass das sportliche Leben mehr von Vereinsinteressen als von persönlichen Vorteilen der Aktiven geprägt war. Dieses rege Vereinsleben ging in den 60er Jahren zurück.

Die Gründ für diesen Rückgang sind wohl weniger in den Vereinen selbst zu suchen, sondern eher von außen herangetragen worden. Damals war der Aufbau in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft nach dem totalen Zusammenbruch von 1945 endgültig abgeschlossen. Die Wirtschaft stand in voller Blüte. Doch die Menschen waren auf einmal träge geworden, und das insbesondere im Hinblick auf die Zeit nach Feierabend in den Betrieben. Aktive Freizeitgestaltung war auf einmal zu einem Fremdwort geworden. Insbesondere hatte das „Pantoffelkino“ jegliche Aktivitäten abgewürgt. Durch das Fernsehen war auf einmal die ganze Welt ins eigene Wohnzimmer gekommen, und da war es dann völlig müßig, den Fuß vor die Tür zu setzen, um selbst aktiv zu werden.

Viele Vereine konnten damals ihre Tätigkeit nicht mehr fortsetzen. Eigene Veranstaltungen waren zu einem finanziellen Risiko geworden. Man musste neue Wege suchen, um in der Zukunft weiter bestehen zu können. Hierfür boten sich einerseits Zusammenschlüsse an, andererseits war aber auch die Verbessrung der Organisation der Vereine vor Ort gefragt, um eine Koordinierung der Vereinsarbeit zu gewährleisten.

Die 1100-Jahrfeier Biebrichs

So kam es am 3. Januar 1969 in Biebrich zur Gründung eines Vereinsrings. Erster Vorsitzender wurde der Initiator Karl Carius. Als Beisitzer für die Fußballvereine wurde Erwin Müller (BFV 02) gewählt. Eine wichtige Aufgabe für den Vereinsring war die Durchführung der 1100-Jahrfeier Biebrichs 1974.

Um die hierfür erforderlichen Aktivitäten auf eine breite Grundlage zu stellen, wurde eine eigene Arbeitsgemeinschaft gegründet, der nicht nur der Ortsvereinsring, sondern auch der Ortsbeirat, die Kirchen, die politischen Parteien und alle Vereine und Verbände angehörten, die bisher dem Vereinsring nicht angehört hatten. Horst Seilberger (BFV 02) vertrat dort die Interessen des Sports. Ein Höhepunkt war sicher der Festumzug durch die Straßen Biebrichs. Es war ein denkwürdiger Tag, an dem Deutschland zum zweiten Mal Weltmeister wurde – unter der Beteiligung von Jürgen Grabowski, dem die Biebricher am Schloß ein herzliches Willkommen bereiteten.

Die 1100-Jahrfeier war in der Tat ein voller Erfolg. Von ihr gingen sehr viele Impulse aus, die das gesellschaftliche Leben Biebrichs völlig veränderten. Die Hinwendung zur eigenen Geschichte gab Biebrich und den Biebrichern ein neues Gefühl der Identität. Die Erinnerung an die Vergangenheit führte zu einem neuen Selbstbewusstsein. Die 1100-Jahrfeier hat dazu geführt, dass Vereine und Verbände ihre Geschichte wieder entdeckt haben und es deshalb in den folgenden Jahren zu zahlreichen weiteren Gedenkveranstaltungen gekommen ist. Auch das Biebricher Schloß ist damals für die Biebricher „wieder entdeckt“ worden. Seit der großen Heimatausstellung im Schloß, die von über 30.000 Bürgerinnen und Bürgern besucht wurde, wird das Schloß von den Vereinen als „gut Stubb Biebrichs“ genutzt und steht allen offen.

Die 1000-Jahrfeier Mosbachs im Jahre 1991 hat erneut die gute Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in Biebrich gezeigt und die Identifikation der Bevölkerung mit ihrem Stadtteil gestärkt.

Gründung der AG Biebricher Vereine und Verbände

Nach dem großen Jubiläumsjahr ist aus der Arbeitsgemeinschaft Biebricher „1100 Jahr Biebrich “ 1975 die Arbeitsgemeinschaft Biebricher Vereine und Verbände hervorgegangen, die heute über 100 Mitgliedsvereine umfasst. Die enge Verbindung zwischen dem BFV und der AG wird durch die Mitgliedschaft von Horst Klee im Beirat gewährleistet. Neben dem Neujahrsempfang im Biebricher Schloß, dem Maisingen der Gesangsvereine, den Kulturtagen im Herbst, der Kranzniederlegung am Volkstrauertag, der Nikolausbescherung unter dem Weihnachtsbaum steht seit 1979 das Mosburgfest im Mittelpunkt der Aktivitäten der AG. Das Mosburgfest ist ein Fest der Biebricher für die Biebricher. Hier wird den Vereinen Gelegenheit gegeben, sich den Bürgern vorzustellen. Hier haben die Vereine auch die Gelegenheit, ihre Vereinskasse aufzubessern. Von Anfang an war auch der Biebricher Fußballverein mit einem großen Stand an diesem Fest beteiligt.

V. Integration von Ausländern und Partnerschaft zur Wirtschaft

Als der BFV 1992 die 90-Jahrfeier beging, wurden zwei Dinge besonders hervorgehoben: die integrative Jugendarbeit des Vereins und die enge Partnerschaft zwischen Verein und Wirtschaft.

Kaum ein anderer Stadtteil Wiesbadens weist eine solch internationale Prägung auf wie Biebrich. So waren 1974 rd. 2000 Ausländer in Biebrich ansässig. Die Hälfte davon waren Griechen; zahlenmäßig folgten Türken, Jugoslawen, Italiener und Portugiesen.

Zwar kann heute im Straßenbild festgestellt werden, dass sie eigene Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe haben, wobei sie mehr oder weinger ehemals alteingesessene Familienbetriebe abgelöst haben, doch ist die Frage der Integration der Familien bis heute noch nicht gelöst.

Ausnahmen bilden die Gastwirte, die gesellschaftliche Anerkennung gefunden haben, sowie Mitglieder von politischen Parteien, die sogar in den Ortsbeirat gewählt wurden.

Trotzdem ist festzustellen, dass sich Griechen und Türken in Biebrich gewissermaßen nur in ihren jeweils eigenen Kreisen wohlfühlen. So haben die Griechen etwa ihr Zentrum in ihrer eigenen Kirche, die durch den Umbau des früheren Adler-Kinos eingerichtet worden ist. Auch die Türken haben eigene Treffpunkte, etwa in ihrem Fußballverein. Dessen ungeachtet ist es der BFV 02, der in unserem Stadtteil praktische Integrationsarbeit leistet. Sind doch über 60 Prozent der Jugendspieler (türkischer, griechischer, italienischer und anderer Abstammungen).

In der Jugendabteilung des BFV finden junge Ausländer im Spiel um Punkte und Tore zusammen. Durch das gemeinsame Spiel ist zu erwarten, dass auch unter den verschiedenen Landsmannschaften Gemeinschaft entsteht und dies nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auch über das Spielfeld hinaus. Auch das alle zwei Jahre stattfindende Fußballtunier unter Beteiligung mehrerer ausländischer Vereine trägt dazu bei, bei den jugendlichen Teilnehmern das Bewusstsein für ein Leben in einem gemeinsamen Haus Europa zu fördern.

Die enge Verbindung des Vereins zu dem bedeutendsten Industriewerk Biebrichs, dem Werk Kalle-Albert der höchst AG, hob in der Festschrift der Werksleiter Dr. Peter Goebel hervor. Durch gezielte Unterstützung der Vereinsarbeit soll Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden.

VI. Ausblick in die Zukunft

Wenn in diesem Jahr das 100-jährige Bestehen gefeiert wird, so kann zunäxchst eimal mit Stolz zurückgeblickrt werden, auf das, was der Verein in diesen 100 Jahren geleistet hat. Von der Gründung im Kaiserreich über die Weimarer Republik und die Diktatur des Dritten Reichs zur demokratischen Ordnung der Bundesrepublik lässt sich ein weiter Bogen schlagen, in dem der Verein gute und schlechte Zeiten erlebt hat.

Wie schnell allerdings Änderungen eintreten können, beweist die Tatsache, dass das Werk Kalle-Albert, vor zehn Jahren enger Partner des Vereins, nicht mehr besteht. Dort wo in beiden Betrieben einmal 11.000 Menschen beschäftigt waren, existiert nur noch ein Industriepark mit mehr als zehn Betrieben und Unternehmen, in denen noch nicht einmal die Hälfte von einst Arbeit findet.

Wenn mann bedenkt, dass 1974 einmal fast 20.000 Menschen an der Rheinfront tätig waren, dann zeigt sich, welche Verluste an Arbeitsplätzen in Biebrich inzwischen eingetreten sind. Trotz dieser negativen wirtschaftlichen Entwicklung ist Biebrich in den vergangenen Jahren zu einem attraktiven Wohnort geworden. Nicht nur hochwertige Wohnanlagen sind am Rheinufer entstanden, sondern auch gut geschnittene Einfamilienhäuser.

Auch das gesellschaftliche Leben entwickelte sich weiter. Neben der Arbeitsgemeinschaft Biebricher Vereine und Verbände hat sich eine Interessengemeinschaft für Handel und Gewerbe gebildet, die Initiativen einleitet, u´m das Biebricher Geschäftsleben attraktiver zu gestalten und um dafür zu sorgen, dass der Ortskern Biebrichs im Hinblick auf die Einkaufszentren auf der grünen Wiese nicht „ausblutet“. Auch die im Ortsbeirat vertretenen Parteien versuchen über das politisch Trennende hinweg, gemeinsam zum Wohle der Interessen Biebrichs zusammenzuarbeiten.

Schwierige Perspektiven gibt es für die örtlichen Vereine. Auf der einen Seite steht die Eigenständigkeit der Vereine, die meist auf eine lange Tradition zurückblicken können, auf der anderen Seite besteht der Zwang zusammenzugehen, um weiterhin existieren zu können. Viele beklagen das Fehlen von Nachwuchs, außerdem wird der Rückgang des ehrenamtlichen Engagements festgestellt.

Doch ohne Nachwuchs und ohne Ehrenamt wird kein Verein die kommenden Jahre überdauern können. So gilt es, junge Leute an die Vereine heranzuführen, sie in die Vereinsfamilie einzubinden und ihnen nach und nach Verantwortung zu übertragen. Nur so können unsere Vereine weiterbestehen. In diesem Sinne ist der BFV 02 seit Jahren erfolgreich tätig. Der Vorstand hat vorausschauend dafür gesorgt, dass die Zukunft des Vereins auch im nächsten Jahrhundert gesichert ist.

Dr. Rolf Faber

100 Jahre Biebricher Fußballverein

Die Geburtsstunde des modernen Fußballspiels wird auf den 26. Oktober 1863 datiert, als man in London die „Football Association“ gründete und dabei erstmals versuchte, allgemeinverbindliche Spielregeln auszuarbeiten. Hierbei lautete die wichtigste Regel:

„Ein Tor ist erzielt, wenn ein Ball durchs Tor gebracht worden ist oder unter die Torlatte, ohne dass er getragen oder mit der Hand geschlagen wurde.“ Niemand konnte damals auch nur im Entferntesten ahnen, dass das Fußballspiel damit seinen Siegeszug zunächst in Europa und danach bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in der ganzen Welt antreten konnte.

Das erste offizielle Länderspiel zwischen Deutschland und England fand 1899 in Berlin statt und endete 2:13. Die Dominanz der Briten um die Jahrhundertwende zeigte sich auch in den Zuschauerzahlen: Das im Gründungsjahr des Biebricher Fußballvereins 1902 ausgetragene Wiederholungsspiel des Cup-Finales zwischen Sheffield und Southampton besuchten damals 130.000 begeisterte Zuschauer.

Selbstverständlich war es daher nur eine Frage der Zeit, dass man auch in unseren Heimatort Biebrich zunehmend beobachten konnte, wie sich auf Schulhöfen, Rasenflächen und Exerzierplätzen mehr und mehr begeisterte Jugendliche und junge Männer zusammenfanden, um dem runden Leder nachzujagen. Anfangs amüsierte man sich hierüber, denn niemand konnte ja auch nur im Entferntesten ahnen, welch sensationellen und gewaltigen Aufschwung „König Fußball“ auch bei uns nehmen würde. Niemand war sich darüber im klaren, dass sich hier eine neue Sportart entwickelte, die später Millionen von Menschen aller Altersgruppen in ihren Bann ziehen würde.

Nachdem sich relativ rasch überall im Deutschen Reich die ersten Fußballvereine konstituiert hatten, und man begonnen hatte, diese Vereine nach Klassen und Bezirken einzuteilen, fanden sich auch hier in Biebrich bald ein paar tatkräftige junge Burschen mit Organisationstalent, deren Ziel die Gründung des ersten Biebricher Fußballvereins war.

Am 10. November 1902 war es dann soweit: Man traf sich im Restaurant „Deutscher Kronprinz“, wählte einen Vorstand und entschied sich für die Vereinsfarben blau und weiß. Die „Männer der ersten Stunde“ waren Heinrich Schwalbach, der zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde, Ludwig Müller, August Maus und Franz Ries. Etwas später kamen noch Johann Helbach, Karl Steinborn und auch Fritz Heep hinzu. In unserer Festschrift anlässlich des 20-jährigen Vereinsbestehens wurden die Gründungsaktivitäten sehr emotional beschrieben und gewürdigt:

„Im Jahre 1902 besuchten unsere jetzigen Vorstandsmitglieder, die Herren H. Schwalbach und L. Müller, zur Ausübung ihrer Berufspflicht die Kunstgewerbeschule in Wiesbaden. Bei ihrem Wege von und nach der Schule sahen sie mit sehnsüchtigem Verlangen dem Spielen und Treiben der Fußballabteilung der Turngemeinschaft Wiesbaden zu und wurde in ihnen der Wunsch erweckt, selbst in ihrer Vaterstadt mit gleichaltrigen Kameraden den Fußballsport zu betreiben. Gestärkt in ihrem Vorhaben wurden Obengenannte noch dadurch, dass sie durch den persönlichen Umgang mit Mitgliedern der Turngesellschaft Wiesbaden in das innere Wesen und den Geist, der die Aktiven des Fußballsports beseelte, eingeweiht wurden. Als Gründungstag kann man wohl den Tag bezeichnen, an dem das Mitglied W. Ohlemacher zu einem sehr niedrigen Preise einen gebrauchten Rugby-Ball erstanden hat. Als erster Spielplatz wurde die heutige Kasteler Landstraße benutzt, nachdem sich einige begeisterte Anhänger des damals noch verspottetenund stark bekämpften Fußballsports zusammengefunden hatten. Mit gewisser jugendlicher Scheu und Beklommenheit wurde das Restaurant „Deutscher Kronprinz“ Ecke Garten- und Kaiserstraße zwecks Abhaltung der Gründungsversammlungam 10. November 1902 betreten. In dem Lokale selbst herrschten Voreingenommenheit und Verständnislosigkeit für das Bestreben dieser Sportsanhänger. Nach Überwindung weiterer Schwierigkeiten konnte die Gründungsversammlung vonstatten gehen, an der die Herren H. Schwalbach, L. Müller, A. Maus, K. Seifert, W. Weber, F. Ries, W. Ohlemacher, F. Weitzel und M. Jost teilnahmen.

Trotz dieser heute nicht mehr ganz nachvollziehbaren Ressentiments gegenüber der neuen Sportart wuchs die Zahl der Mitglieder rasch an, und schon bald war der Biebricher Fußballverein der dritte große Verein in Wiesbaden neben dem Wiesbadener FC 1900 und der Fußballriege der Turngesellschaft 1889, aus der sich später der Sportverein Wiesbaden entwickelte. Nachdem man von der damals noch selbständigen Stadt Biebrich ein Spielfeld und eine Spielgenehmigung erhalten hatte, wurden die ersten Freundschaftsspiele gegen Mannschaften aus Wiesbaden, Mainz, Bingen und Frankfurt ausgetragen. Bereits zwei Jahre nach der Gründung, im Herbst 1904 trat man dem Süddeutschen Fußballverband bei und erhielt damit die Berechtigung an den offiziellen Verbandsspielen teilzunehmen. Selbstverständlich musste unsere Mannschaft in der untersten Klasse – damals der C-Klasse – beginnen. Doch bereits im ersten Jahr errang sie den Meistertitel in stieg in die B-Klasse auf. In der Folgezeit kam es – bedingt durch die unruhige innenpolitische Situation – zu ständigen Neugruppierungen in den Verbänden, so dass ab etwa 1910 die Biebricher zusammen mit Wiesbadener, Frankfurter und Offenbacher Vereinen in der sogenannten „Liga“ um die Punkte kämpften.

Zu dieser Zeit herrschte in unserem Verein eine sportliche Betätigung. Man spielte mit mehreren Mannschaften und nahm außerdem – hauptsächlich in den Sommermonaten – auch mit großem Erfolg an den Leichtathletikwettkämpfen teil.

Diese Aktivitäten fanden 1914 mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein jähes Ende: Der Vereinsbetrieb ruhte völlig, und von den insgesamt 130 Mitgliedern waren nur ganz wenige zu Hause geblieben. Sie waren es aber, die bis 1916 wieder eine kampfstarke Mannschaft aufbauten und sogar im Jahre 1918 erneut die Meisterschaft erringen konnten. Diese Mannschaft gehörte damals zu den stärksten Vereinen im Südwesten Deutschlands.

1918, nach Beendigung des Krieges, dem 23 Mitglieder zum Opfer fielen, wurde das Vereinsgeschehen neu geordnet. Man wählte einen neuen Vorstand, stellte mehrere Mannschaften zusammen und erhielt die Erlaubnis, auf einem neuen, großzügig angelegten Sportplatz, dem Dyckerhoff-Platz, zu spielen. Der anfängliche Schwung und die Begeisterung wurden aber durch die in Wiesbaden und Umgebung stationierten Besatzungstruppen getrübt, die unser Sportfeld für ihre eigenen sportlichen und militärischen Zwecke in Anspruch nahmen. Nicht selten kam es dabei zu ernsten Zusammemstößen. Und wie gefährlich das Fußballspielen damals war, zeigt die Tatsache, dass es in einem Falle sogar zu Freiheitsstrafen dreier Vereinsmitglieder durch das französische Militärgericht kam.

Nach einer erneuten Neueinteilung der Spielgruppen kam unsere Mannschaft zwei Jahre nach Kriegsende wieder in die oberste Spielklasse und kämpfte im Bezirk Rhein-Hessen-Saar“ gegen damals sehr renommierte Vereine wie Mainz 05, FV Saarbrücken, Borussia Neunkirchen, Wormatia Worms, FC Pirmasenes, Trier 05 und SV Wiesbaden um die Meisterehre. Leider musste man bereits nach einem Jahr Zugehörigkeit zu dieser Klasse wieder absteigen und spielte nun für längere Zeit in der zweiten Spielklasse, wo man allerdings regelmäßig in der Spitzengruppe zu finden war.

1927 wurde das 25-jährige Bestehen des Vereins würdig gefeiert. Leichtathletische Wettkämpfe, Jubiläumsfußballspiele, Werbezüge und ein großer Abschlussball fanden den ungeteilten Beifall der Biebricher Bürger und trugen dazu bei, den Verein auch auf kuturellem Sektor beliebt und attraktiv zu machen. In den folgenden Jahren bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges besaß der Biebricher Fußballverein ein bewährtes Gremium um den damaligen 2. Vorsitzenden Wilhelm Klee, der es verstand, bunte und gesellige Feste zu arrangieren, z.B. Weihnachtsfeiern, Maskenbälle und Dampferfahrten. Es wurde nicht nur Fußball gespielt, sondern es fanden sich auch andere kleine Abteilungen für Handball, Schwimmen, Faustball und Tischtennis zusammen. Ja sogar eine vereinseigene Gesangsgruppe, die allerdings nach dem Krieg nicht wieder aufgebaut wurde, erfreute die Mitglieder zu den verschiedenen Anlässen. Alle diese Aktivitäten führten natürlich zu einer stetigen Aufwärtsentwicklung, die sich in einem rapiden Ansteigen der Mitgliederzahl und zahlreichen sportlichen Erfolgen niederschlug.

Eine erneute Umstrukturierung der Verbände im Zusammenhang mit den politischen Veränderungen von 1933 führte vorübergehend dazu, dass unsere Mannschaft in der dritten Klasse des Südwestgaues spielen musste. Im Laufe der Jahre hatte man aber durch intensive Jugendarbeit eine spielstarke Mannschaft mit technisch versierten Spielern aufgebaut. Allen voran Christel Kraus, der sogar zum Kader der vom Reichstrainer Herberger betreuten Nationalmannschaft gehörte. Diese Mannschaft erkämpfte sich gleich im ersten Jahr den Meistertitel und kehrte damit in den Kreis der gewohnten zweiten Klasse zurück. 1938 scheiterte man in der Pokalrunde mit einem 4:6 knapp an dem damaligen Erstligisten FSV Frankfurt, der daraufhin bis ins Endspiel kam.

Wiederum bewirkten die Kriegsjahre bis 1945 eine deutliche Stagnation im Vereinsgeschehen. Außerdem war der Dyckerhoffplatz durch Bomben völlig zerstört worden, so dass an das Fußballspielen vorerst nicht zu denken war. Nachdem aber Christian Kraus, der Vater des im Kriege gefallenen Christel, die Vereinsleitung übernommen hatte, ging es innerhalb kürzester Zeit wieder aufwärts. Man spielte zwei Jahre in der Landesliga zusammen mit Mannschaften wie SV Wiesbaden, Rot-Weiß Frankfurt, Neu-Isenburg, VfB Friedberg, Darmstadt 98 und Arheilgen. Wie zuvor brachte aber eine Neugruppierung der Ligen bald einen erneuten Rückschlag, und unsere Mannschaft musste in die Bezirksklasse absteigen. Zweimal wurde der Aufstieg nach einem zweiten Platz knapp verpasst: einmal schaffte es der Sportverein Wiesbaden, und beim zweiten Male Opel Rüsselsheim. Der erhoffte Wiederaufstieg gelang erst vierJahre nach unserem 50- jährigen Jubiläum in der Saison 1956/57, als wir mit großem Vorsprung Bezirksmeister wurden und nach dramatischen Spielen in einer Aufstiegsrunde gegen die SKG Sprendlingen un den BC Sport Kassel erfolgreich blieben. Dank der Heimstärke der Mannschaft und ihres Trainers und ehemaligen Spielers Heinz Przybilla wurden die ersten kritischen Jahre in der Amateurliga Hessens heil überstanden. Bald war man Stammgast in Hessens „guter Stube“ und hatte meist einen sicheren Platz in der Tabellenmitte inne. Man besaß einen engagierten und über Jahre kontinuierlich arbeitenden Vorstand, der vor allem der Nachwuchsförderung besondere Aufmerksamkeit widmete.

Die Früchte dieser Arbeit zeigten sich zum ersten Mal 1962, als unsere A-Jugend mit Jürgen Grabowski als Spielmacher und Kurt Klein als Trainer hinter dem KSV Hessen Kassel, dem man sich im Endspiel knapp beugen musste, hessischer Vizemeister wurde. Die Spieler dieser Mannschaft bildeten für die nächsten Jahre den erfolgreichen Stamm des wegen seiner technischen und spielerischen Qualitäten überall gefürchteten aber auch beliebten Hessenligateams um Klier und Grabowski, die als Amateurnationalspieler unseren Verein über die Grenzen des Landes hinaus bekannt machten.

Von ganz besonders großem Interesse waren Anfang der 60er Jahre vor allem die reizvollen, in der Regel recht torreichen und zum Teil dramatischen Lokalderbys gegen den SV Wiesbaden, Germania Wiesbaden und die Fvgg Kastel 06.

Diese Spiele fanden seinerzeit eine riesige Resonanz beim Wiesbadener Publikum, und Zuschauerzahlen zwischen 5.000 und 10.000 (!) brachten natürlich auch eine Menge Geld in die Vereinskasse. So konnte auch nach dem Weggang von Klier und Grabowski ins Lager des bezahlten Fußballs eine stabile und kampfkräftige Mannschaft erhalten werden, welche allerdings nie mehr das hohe spielerische Niveau wie zuvor erreichte.

Wie man später erkannte, bahnte sich allerdings bereits in dieser Zeit eine Wende zum Negativen hin an. Vor allem die Nachwuchsspieler, deren Chance auf einen Stammplatz in den oberen Mannschaften damals nicht allzu groß war, wechselten zu anderen Vereinen. Die musste zwangsläufig zu einer Überalterung der ersten Mannschaft führen. Aber auch später, als nach und nach Positionen freiwurden, versäumte man es, entwicklungsfähige Talente aus den eigenen Reihen gezielt einzusetzen. Stattdessen gab man erfahrenen älteren Spielern aus anderen Klubs den Vorzug. Zwar konnte die Hessenliga so noch einige Jahre gehalten werden, letzlich aber war der Abstieg in die Gruppenliga im Jahre 1968 – nach elf Jahren Zugehörigkeit zur obersten Amateurklasse – vorprogrammiert und nicht mehr zu vermeiden. Zudem war das Interesse des durch die erfolgreichen Jahre sehr verwöhnten Biebricher Fußballpublikums zunehmend geringer geworden, und man musste mehr und mehr die finanziellen Reserven anzapfen. Die sträfliche Vernachlässigung der Aufbau- und Jugendarbeit machte sich nun erst bemerkbar: erfolgversprechende Nachwuchskräfte waren äußerst dünn gesät oder bereits zu anderen Vereinen abgewandert. So blieb dem damaligen Vorstand erneut keine andere Wahl, als Spieler aus Nachbarvereinen anzuwerben und zu versuchen, sie zu einem homogenen Mannschaftsgefüge zusammenzuschweißen. Ein solches Vorhaben gelang aber – wenn überhaupt – erst zu einem so späten Zeitpunkt, dass an einen Wiederaufstieg nicht mehr zu denken war. Im Gegenteil: nach fünf Jahren Gruppenligazugehörigkeit erteilte uns 1973 erneut das bittere Los des Abstiegs in die Bezirksliga und gleich im Jahr darauf, 1974, sogar in die A-Klasse Wiesbaden.

Nach dieser Phase permanenter Abwärtsentwicklung konnte es eigentlich nur noch besser werden. Und so war es denn auch: Durch konsequenten Neuaufbau wurde nach und nach wieder eine stabile Besetzung der ersten Mannschaft gefunden, und die Leistungskurve stieg kontinuierlich an. Der sportliche Erfolg schlug sich sofort auch in einem verstärkten Zuschauer-Interesse nieder. Die Jugendarbeit trat aus ihrem Schattendasein und wurde als wesentlicher Aspekt des langfristigen Aufbaus erkannt. Erfahrene aktive Spieler der ersten und zweiten Mannschaften übernahmen hier Trainings- und Betreuungsfunktionen. Außersportliche Aktivitäten auf dem Sektor des allgemeinen Vereinslebens wie Auslandsreisen, gesellige Veranstaltungen zu Weihnachten, Fastnacht, die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen, vor allem aber die Fertigstellung unseres vereinseigenen Klubheims am Dyckerhoffplatz unterstützen diese positive Entwicklung ganz entscheidend.

1978 gelang dann nach über 20 Jahren erstmals wieder ein Aufstieg in eine höhere Spielklasse. Die Mannschaft etablierte sich sofort unter den Spitzenteams der Bezirksliga Wiesbaden und belegte bereits nach der ersten Saison einen beachtlichen Rang.

Bereits in der folgenden Saison 1979/80 lieferten sich der FV Biebrich 02 und der SV Hattersheim ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Bezirksligameisterschaft. Nach dem letzten Spieltag standen beide Mannschaften punktgleich an der Tabellenspitze. Unvergessen ist das Entscheidungspiel, das am 18. Mai 1980 in Kelsterbach stattfand. Das Wiesbadener Tagblatt schrieb in seiner Ausgabe vom 19. Mai: „In der 117. Minute waren 1.000 Biebricher im Fußballhimmel.“ Der Jubel kannte keine Grenzen, als Michael Lauf nach herrlicher Vorarbeit von „Jogi“ Kehr in der Verlängerung den 2:1-Siegtreffer erzielte. Biebrich 02 war Bezirksmeister, und dies wurde anschließend ausgiebig gefeiert. Mit wehenden Fahnen und unüberhörbarem Hupkonzert kehrten die zahlreichen Fans nach Biebrich zurück.

An der Meisterschaft waren beteiligt: Trainer Achim Euler, Jürgen Migge, Werner Tobies, Kurt Glantsching, Peter Scharfenberg, Wolfgang Schardt, Roland Berger, Bernd Fiala, Michael Lauf, Ekkehard Glass, Klaus Loy, Bernd Deider, Winfried Fiegen, Norbert Kehr, Eberhard Storch, Peter Fasel, Hermann Portugall, Roland Spitz, Lothar Petry, Manfred Fritz und Bela Bodis.

13 Jahre lang blieb dann die Landesliga die sportliche Heimat der 02er. Um ganz oben mitzuspielen, reichte es nicht: Rang vier war die beste Platzierung, die in der Saison 1989/90 erreicht werden konnte. Einige Male stand man kurz vor dem Abstieg, aber die Blauen schafften es immer wieder, die Klasse zu erhalten.

Ein ganz besonderes sportliches und gesellschaftliches Ereignis präsentierte der FV Biebrich 02 seinen Anhängern am 16. Mai 1984, als die „Uwe-Seeler- Tradionself“ auf dem Dyckerhoff-Sportfeld in „Bestbesetzung“ antrat, u.a. mit Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Wolfgang Overath, Jürgen Grabowski, Uwe Seeler, Günter Netzer, Lothar Emmerich, Ludwig Müller und Siggi Held. Sie begeisterten die etwa 8.000 Zuschauer mit abgeklärter Routine und immer wieder überraschenden technischen Kabinettstückchen.

Entsprechend euphorisch fiel auch die Resonanz der lokalen Tagespresse aus mit Überschriften wie „Fußball-Gala-Schau in Biebrich“, „8.000 sahen das Spiel des Jahres“ und „Ein Fußball-Fest wie schon lange nicht mehr“. Zudem war die „Deutsche Welle“ mit einem Übertragungswagen und drei Kameras angerückt, um für ihr Auslandsprogramm einen Bericht zu produzieren, der z.B. auch in den arabischen Ländern über den Bildschirm flimmerte. Das Spiel endete übrigens 9:3 für die Traditionsmannschaft, nachdem unsere Mannschaft in der ersten Halbzeit mit 1:1 noch eindrucksvoll Paroli geboten hatte.

In der 02-Mannschaft standen damals Jürgen Migge, Michael Krämer, Werner Tobies, Wolfgang Schardt,Thomas Gröner, Michael Gabel, Horst Kalb, Kurt Glantsching, Pico Schütz,Gerd Kramp, Wolfgang Kopp, Ulrich Just, Holger Gladitz, Bernd Deider, „Zico“ Hofmann, Thomas Schöttke, „Hacki“ Wawrock, Michael Lauf und Peter Engelhardt.

Für viele Spieler und Vereinsmitglieder wurde das anschließende gemeinsame Festbankett mit den ehemaligen Topspielern des DFB zudem zu einem einmaligen und unvergessenen Erlebnis ihrer eigenen Fußballkarriere.

1992 feierte der FV biebrich seinen 90. Geburtstag, wobei er erneut im Rahmen seiner Jubiläumsaktivitäten bemüht war, seinen treuen Mitgliedern sportlich wieder etwas Besonderes zu bieten. Hierbei wurde diesmal vor allem der Tatsache Rechnung getragen, dass erfreulicherweise mehr und mehr ausländische Mitbürger unser Vereinsgeschehen vor allem in der großen Jugendabteilung aktiv mitgestalteten.

Der Verein präsentierte daher „als Geschenk“ die griechische Spitzenmannschaft von Panathinaikos Athen. 1.300 Zuschauer sahen am 29. Juli den 6:0-Erfolg der Hellenen. In der 02-Mannschaft spielten damals Eder, Kremer, Ruppert, Foussekis, Langmann, Hölzer, Steinmetz, Jung, Keutmann, Kramp, Christoph, Rossmann, Zell, Tiefenbach, Pendic, Wagner, Le Maire und Fröhlich.

Die Saison 1993/94 war für den FV Biebrich 02 schmerzlich, der Abstieg der ersten Mannschaft aus der Landesliga in die Bezirks-Oberliga ein einschneidendes Ereignis. Das Zuschauerinteresse ließ angesichts der schwachen Leistungen rapide nach, die Spieler aber steigerten ihre Forderungen, die aber durch ihre Leistungen nie gerechtfertigt waren. Der Abstieg war gleichbedeutend mit dem großen Schnitt: 25 Spieler kehrten dem Verein den Rücken, suchten sich neue, lukrativere Fleischtöpfe.

Die Blauen gingen mit einer jungen, vielleicht sogar unerfahrenen Mannschaft in die Saison der Bezirks-Oberliga, doch verfügte der engagierte Trainer Andreas Ludewig über einen Kader, der noch etwas erreichen wollte. Vorsitzender Horst Klee: „Unsere junge Mannschaft hat vielleicht weniger fußballerische Fähigkeiten, dafür aber mehr Charakter“. Andreas Ludewig war beim Neuaufbau der wichtigste Mann. Schon frühzeitig wurde dem Trainer im Januar ein neuer Vertrag angeboten. Er war zu finanziellen Abstrichen bereit und willens, das neue Konzept mit verstärktem Einbau eigener Talente mitzutragen. Nach Startschwierigkeiten erreichte unsere junge Mannschaft immerhin einen beachtlichen neunten Rang in der Abschlusstabelle hinter dem SG Walluf und der SG Germania Wiesbaden. Auch unter dem nachfolgenden Trainer Jürgen Migge, der als langjähriger Klassetorwart unserer ersten Mannschaft bei allen Spielen beliebt und respektiert war, konnten wir uns dann in den nächsten zwei Jahren in der Bezirksoberliga etablieren und uns zielstrebig auf höhere Aufgaben vorbereiten. So war es dann auch für niemanden überraschend, dass wir 1996 mit einem klaren 4:2-Sieg über den Ligakonkurrenten SV Italia Kreispokalsieger wurden. In der darauf folgenden Saison waren dann auch wieder mal eine Meisterschaft und ein damit verbundener Wiederaufstieg angesagt. Mit dem Ex-Wehener Werner Orf wurde ein erfahrener und engagierter Trainer verpflichtet, der es verstand, die positive Arbeit von Jürgen Migge fortzusetzen und der Mannschaft zudem neue Impulse zu geben. Die Spielzeit 1997/98 war von Anfang bis Ende geprägt von einem hochspannenden Zweikampf zwischen unserer Mannschaft und dem Team von Kastel 06. Bereits nach dem siebten Spieltag konnten wir die Tabellenführung übernehmen, welche dann bis zuletzt gegenüber dem Ortsnachbarn erfolgreich verteidigt wurde. Für beide Teams bedeutete dies den Wiederaufstieg in die Landesliga Mitte. Zudem wurden wir 1998 erneut Kreispokalsieger mit einem 3:2-Erfolg in der Verlängerung nach einem begeisterndem Finale gegen den Sportverein Wiesbaden.

Damit waren die „Blauen“ erstmals unbestritten die „Nummer eins“ im Wiesbadener Fußball mit folgender Mannschaft. Melzer, Desiderio, Sittig, Karjasevic, Keutmann, Migge, Julevic, During, März, Achoud, Gröner, Zarioh und Kaluscha.

Trotz dieser positiven Entwicklung verließen sowohl Trainer als auch einige wichtige Spieler den Verein, so dass in der folgenden Saison 1998/99 viele Neuzugänge herangeführt und integriert werden mussten. Mit „Manni“ Geyer wurde ein seit seiner Jugend im Biebricher Fußballverein aktiver und erfahrener Spieler als Trainer verpflichtet.

Im Auftakt gegen die SG Walluf musste eine junge, noch unerfahrene Mannschaft mit einer 0:7-Niederlage reichlich Lehrgeld zahlen. In der Folge wuchs man jedoch menschlich und sportlich zunehmend zusammen und konnte sich zum Ende der Saison mit einem beachtlichen zwölften Rang über den Klassenerhalt freuen.

Leider war es dann aber nicht mehr möglich, das spielerische Niveau auch für die nächste Saison 1999/2000 zu konservieren, sodass wir bereits nach zwei Jahren der Zugehörigkeit zur Landesliga wieder den bitteren Weg des Abstiegs in die Bezirksoberliga antreten mussten. Nachdem sich diese Entwicklung schon relativ früh in der Vorrunde abgezeichnet hatte, entschloss sich die Vereinsführung zu einem konsequenten Neuaufbau einer entwicklungsfähigen Mannschaft, überwiegend aus talentierten Spielern unserer erfolgreichen Jugend. Zudem wurde mit dem Wehener Ex-Profi Bernhard Raab ein ausgewiesener Fußballfachmann verpflichtet., der als Spielertrainer auch während des Spiels vorbildhaft und gestaltend wirken kann. Der Verlauf der ersten gemeinsamen Saison mit nur knapp verpasstem Wiederaufstieg zeigt, dass der Biebricher Fußballverein durchaus sehr optimistisch in die Zukunft schauen kann.

Hans J. Vogt

Die Blauen Stars vom Rhein

Persönliche Erinnerungen an die große Zeit des FV Biebrich 02

In der Festschrift zum 60-jährigen Bestehen des Biebricher Fußball-Vereins habe ich das Geschehen von 1952 bis 1962 auf elf Seiten geschildert. Zwischenzeitlich sind weitere Jahrzehnte vorüber, und die Zahl der Mitglieder und Freunde, die unsere Glanzzeiten noch miterlebt haben, wird immer kleiner. Wir sind es den zahlreichen 02ern schuldig, die in jenen Jahren auf dem grünen Rasen und im Vorstand mitgewirkt haben, diese Zeiten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Dankbarkeit und Erinnerungen gegenüber den vielen, die nicht mehr unter uns sind, gebietet dies.

Der Spielzweck im Fußball ist relativ einfach. Von der Mannschaft am Ball verlangt er, Tore zu schießen, von der Mannschaft in der Abwehr, Tore zu verhindern. Heute erscheint das dennoch alles kompliziert und bedeutsam, weil mit großem Spektakel daran gearbeitet wird. Wenn ich meine langjährige Tätigkeit als Trainer des FV Biebrich 02 an meinem geistigen Auge vorüberstreifen lasse, muss ich feststellen, dass wir weit weniger Aufwand, aber mit einer guten Kameradschaft das Optimale erreicht haben.

Wintertraining in der Turnhalle

Wir trainierten mit einem Stamm von 25 Mann auf dem Hartplatz, hatten im Winter kein Flutlicht und mussten in der kleinen Turnhalle der Riehlschule unser Trainingsprogramm durchführen. Manche Fensterscheibe ging dabei zu Bruch; aber fleißige Hände sorgten dafür, dass beim nächstenmal alles wieder in Ordnung war. Wir waren deshalb dem Verein dankbar, als die selbstgebaute Flutlichtanlage in der letzten März-Woche 1963 eingeweiht wurde. Eine Bundeswehrauswahl aus dem Bezirk Gießen/Marburg war bei dieser Premiere unser Gegner und wurde deutlich mit 8:1 Toren geschlagen.

Leinbergers Platz stets bespielbar

Mein Training mit den Mannschaften fand jeweils dienstags und donnertags statt. In den 90 Minuten stand der Ball im Mittelpunkt. Er ist ja der springende Punkt, um den sich alles dreht und bewegt. Trainiert wurde bei allen Witterungsverhältnissen, denn Spielausfälle gab es so gut wie überhaupt nicht, und Platzkommissionen kannte man damals nicht. Die Schiedsrichter waren entschlossen, ihr Spiel unter allen Umständen über die Bühne zu bringen. Dazu kam noch, dass wir mit Willi Leinberger einen ehrgeizigen Platzwart hatten, dessen oberste Maxime war, seinen Dyckerhoffplatz in bespielbarem Zustand präsentieren zu können. Mein Augenmerk war vor allem auf die Technik der Spieler gerichtet. Konzentration und Wachsamkeit in Erwartung des Balles. Schnelle Reaktionen und schnelle Beine bringen entscheidende Vorteile. Daher wurden Täuschungsmanöver, Tricks, Dribblings sowie die Ballbeherrschung in Abwehr und Angriff stets geübt. Nicht ohne Grund nenne ich deshalb das eigene praktische Können am Ball als elementare Forderung an einen guten Trainer. Erkannte Fehler wurden duch mein eigenes Vormachen korrigiert und durch klärende Worte untermauert.

Ich war stets bestrebt, den Spielern Begeisterung und Selbstvertrauen zu vermitteln. Begeisterung steckt an. Begeisterte Spieler arbeiten hart und reißen andere mit. Agressive Spieler lassen sich von Müdigkeit und Schmerzen nicht entmutigen. Sie verteilen Schläge und stecken welche ein. Sie überwinden die Schmerzgrenze, kämpfen verbissen um jeden Ball und haben Mut zum Risiko. Aber auch eine gesunde Härte muss erarbeitet werden, um auf engstem Raum und in höchstem Tempo dem Druck des Gegners standzuhalten. Deshalb spielte in unserem Training die Zweikampfschulung, also das Spiel 1:1 eine wesentliche Rolle.

Unser damaliges Spielsystem war relativ einfach. Das im Jahre 1925 durch die Änderung der Abseitsregel eingeführte WM-System wurde von allen Biebricher Mannschaften bis Mitte der sechziger Jahre praktiziert, obwohl die Brasilianer bereits 1958 mit ihrem 4:2:4-System die ganze Welt in einen wahren Fußballrausch versetzt hatten. Bis zum heutigen Tag folgten weitere Systeme, und wir sind sicher noch nicht am Ende.

Biebricher in der Hessenauswahl

Unsere Teams kamen mit dem WM-System, mit dem auch Sepp Herberger 1954 Weltmeister geworden war, bestens zurecht. Jeder Akteur in der Abwehr wusste, wen er zu decken hatte und wenn wir unter Druck standen, orientierten sich die Halbstürmer nach hinten, um die Abwehr zu verstärken.

Darüberhinaus hatten wir schon damals Spielerpersönlichkeiten, die in der Lage waren, sich jeder Spielsituation anzupassen. Nicht umsonst gehörten Weber, Grabowski, Klier, Peuckmann, Hassler, Herbig und Völker in der damaligen Zeit zum Stamm oder engeren Kreis der Hessenauswahl.

Gute Mischung, tolle Reserve

Getragen wurde unser Spiel von einer Mischung aus Alt und Jung, der Erfahrung der älteren und dem Schwung der jüngeren Spieler. Und wir waren im Spielausschuss bestrebt, so wenig wie möglich umzustellen. Auf diese Weise erzielten wir 1961 mit nur 16 Spielern den vierten Tabellenplatz. Und so konnten wir auch eine starke Reserve ins Feld schicken, die in der Zeit der Zugehörigkeit zum Amateur-Oberhaus immer unter den ersten vier zu finden war; zweimal holte sie mit enormen Vorsprung die Meisterschaft. Sie machte jeweils das Vorbild zur ersten Mannschaft und konnte durch gute Leistungen vor einer imposanten Zuschauerkulisse überzeugen. Der Trainer hatte zudem die Möglichkeit, all seine Akteure im Einsatz zu sehen. Das ist im heutigen System leider nicht mehr der Fall.

Wenig Verletzte, keine Schauspieler

Spieler durften damals nicht ausgewechselt werden. Bei Verletzungen mussten sie den Platz verlassen oder nahmen eine Außenposition ein, um einen gegnerischen Abwehrmann zu binden. Allerdings wurden wir in meiner mehr als zehnjährigen Trainertätigkeit von Verletzungen weitgehenst verschont. Ich erinnere mich nur an die Schienbeinbrüche von Wenz und Hassler, an Beinbrüche von Dankelmann und Völker, an den Arnbruch von Peukmann, einem gebrochenen Zeh von Karl-Heinz Klug und an den Muskelfaserriss unseres Mittelläufers Rath. Blutergüsse und Prellungen wurden im Schnellverfahren von unserem Vereinsarzt Dr. Willibald Türr geheilt. Hautabschürfungen, die sehr häufig vorkamen, wurden unter der Dusche mit Kernseife behandelt, von unserem treuen Helfer Jule Jung begutachtet, und danach war alles okay. Unsere Spieler waren nicht wehleidig oder schauspielerisch veranlagt. Wenn man heute sieht, dass das gefoulte Opfer noch in der Lage ist, sich sechsmal am Boden zu wälzen, kann die Verletzung nicht so schlimm sein. Erwähnen möchte ich, dass auch eine gute Juniorenmannschaft am Spielbetrieb beteiligt war – in einer Runde mit den Vertretungen des SV Wiesbaden, der Germania, Hofheim, Kriftel, Flörheim, um nur einige zu nennen. Auch aus diesem Kader stießen später die talentierten Nachwuchskräfte in den Bereich der ersten Mannschaft.

Zuschauerschnitt über 2.000

Bei Heimspielen der „Blauen Stars vom Rhein“ erlebten die Biebricher einen Zuschauer-Boom. Tausende von Besuchern drängten sich frühzeitig an den Kassenhäuschen, um einen guten Platz zu ergattern. Die Lokalderbys gegen den Sportverein, die Germania und Kastel 06 waren stets die Knüller der Saison. 6.500 Zuschauer wie am 28. Oktober 1962 gegen den SVW waren da keine Seltenheit. Mit einem Durchschnitt von weit über 2.000 Besuchern konnte man mehr als zufrieden sein. Sie alle kamen, um gute Spiele zu sehen. Namen wie Kunz, Taler und Müller vom VfB Friedberg, Preissendörfer und Zimmermenn von Westend Frankfurt, Himmelmann und Fischer vom VfB Gießen, Tripp und Törner vom VfL Marburg, Galler und Siebert von Kassel 03, Grunenberg von Hermannia Kassel, Rupp von Burgsolms, Grübel und Brinkmann von Preußen Frankfurt, Stein, Schal und Parisol von Darmstadt 98, Lotz von Viktoria Urberach, Zaczyk von Borussia Fulda, Zeitler und Kuhn vom SVW, Schmidt und Kautzmann von der Germania hatten in Hessen einen guten Ruf. Vergessen möchte ich auch nicht die Kasteler Planitzer und Wild, nicht zuletzt unsere Elitegarde mit Jürgen Grabowski an der Spitze. Der Großteil der hier aufgeführten Spieler wechselte später ins bezahlte Fußball-Lager. Selbst unsere Trainingstage hatten eine große Resonanz zu verzeichnen. In der Vorbereitungkamen weit über 200 Zuschauer, um die neuen Spieler kennenzulernen.

Asse vom Straßenfußball

Jetzt mag es anders sein, aber ich richtete schon frühzeitig mein Augenmerk auf die eigene Jugend. Sie spielte damals in unserem Kreis und darüber hinaus eine dominierende Rolle. Es gab nur vier Altersklassen, beginnend von der D- bis zur A-Jugend, also für die Zehn- bis Achtzehnjährigen. Sie kamen vom Straßenfußball in die Vereine und brachten schon gute Fähigkeiten mit. Ein funktionierender Jugendausschuss sorgte für ihre Fort- und Weiterbildung, machte sich Gedanken über die Tuniere und Fahrten und war auch im Außerpolitischen Bereich sehr rege. Da ich die A-Jugend oft trainierte und ihren Spielen beiwohnte, war mir die Leistungsstärke der einzelnen Jungs bestens bekannt. 1962 wurde die Mannschaft Kreis- und Bezirksmeister, nach einem 2:2 gegen Kickers Offenbach und einem 5:2 gegen Bensheim 07 Südhessenmeister. Das Endspiel fand am 30. Juni in Grünberg statt. Es ging knapp mit 2:3 verloren. Trotz dieser Niederlage spielte unsere Elf einen technisch hervorragenden Fußball und hinterließ bei den zahlreichen Besuchern – es fand gerade der Verbandstag in Grünberg statt – einen hervorragenden Eindruck.

Das jüngste Team in Hessen

Ein Großteil dieser A-Jugend stellte kurz darauf den Stamm der ersten Mannschaft. So hatten wir in der Saison 1963/64 einen Kader von 18 Spielern mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren. Mit Klaus-Dieter Herrmann (18), Grabowski, Vogt, Rainer Köhler, dem neu zu uns gestoßenen Gerd Klier (19), Hassler (21), Dinges (22), Weller, Fink (23), Thorand, Herbig, Völker (24), Hansi Werner (27), Meinhardt, Steinmüller (28) und Mannschaftskapitän Willi Peuckmann (29) hatten wir die jüngste Elf in der Hessenliga, die durch gutes Auftreten und herzerfrischenden Fußball viel Sympathien bekam. Für mich als Trainer war diese Neuformierung gewiss keine leichte Sache. Courage und Risikobereitschaft wurden verlangt. So musste ich altgediente Spieler, die den Aufstieg geschafft, dreimal erfolgreich gegen den Abstieg gekämpft, sich besondere Verdienste im Verein erworben hatten, plötzlich in die Reserve verbannen. Dank der Einsicht vieler Spieler, meiner Überzeugungskraft und dem sich schnell abzeichnenden Erfolg ging der Wechsel besser über die Bühne als viele geglaubt hatten.

Die fliegenden Fußball-Boten

In den Tageszeitungen und im Fußballmagazin „Der neue Sport“ wurde aufgrund der Tatsache, dass vier Wiesbadener Mannschaften in der Amateurliga spielten, viel geschrieben. In den Montagsausgaben wimmelte es nur so von Schlagzeilen:

Oldtimer Lakatos und Biebrichs neue Garde
Lange Langener Gesichter in Biebrich
Dieter Weber – Held des Tages
Die Preußen keine Gefahr für Biebrich 02
Der große Solist Bubi Meinhardt
Biebrich kontert mit K.o.-Schlag
Kurstadt-Derby mit Pfeffer und Salz vor 8.000 Zuschauern
Biebrichs Stern strahlt heller denn je
Biebricher Pfeile Grabowski, Klier und Hassler
7.000 im Banne eines begeisternden Spiels
Biebrich wie ein Phönix aus der Asche
Biebrichs Kreisel auf vollen Touren
4.000 sahen brilliantes Fußball-Feuerwerk

Von den Auswärtsspielen habe ich nach Spielende den beiden Wiesbadener Tageszeitungen Bericht erstattet. Das war nicht immer einfach, zumal in den Vereins-Gaststätten reger Betrieb und viel Lärm herrschte. Darüber hinaus hatten wir aber für alle Biebricher eine Informationsquelle, die wohl in ganz Deutschland einmalig war: die „fliegenden Biebricher Fußball-Boten“. Unser treuer Anhänger Michael Pacholczyk arbeitete mit dem von ihm erfundenen Bieftauben-Nachrichten-System. Die Brieftauben wanderten in einen großen Korb. Bie den Heimspielen oder von den Plätzen der Gegner ließ der Züchter bei jedem Tor eine oder mehrere Tauben in die Lüfte stürzen. Wenn die dann zuhause einkehrten, wurde das in der Gibb, oben in der Kante Weihergasse/Bleichwiese sofort weitergegeben und entsprechend begossen.

Bier und Reisen zur rechten Zeit

Wenn mann von dem guten Zuschauerschnitt hört, müsste man annehmen, dass hierbei für die Spieler ein ordentlicher Batzen abgefallen ist. Das war aber keineswegs so. Ein mit Augenmaß arbeitender Vorstand richtete sich streng nach der Spesenordnung des Hessischen Fußball-Verbandes. Acht Mark für Heim- und 14 Mark für Auswärtsspiele – das war der Tarif, nach dem die Akteure bezahlt wurden. Sie bekamen nur noch donnerstags nach dem Training einen Verzehrgutschein in Höhe von drei Mark. Alle Spieler waren mit dieser Regelung durchaus zufrieden, zumal sich der Spielausschuss nach den Spielen mit dem Verteilen von Biermarken nicht lumpen ließ. Und wir unternahmen als erster Wiesbadener Verein schon damals Reisen ins In- und Ausland. Das hatte neben der Pflege der Kammeradschaft und des Zusammengehörigkeitsgefühls freilich einen weiteren Sinn: Die Termine wurden so gelegt, dass die Fahrten in die Wechselfrist fielen. Nach der Rückkehr konnte somit keon Spieler mehr den Verein verlassen. Reisen nach Weda, Stalinstadt – dem späteren Eisenhüttenstadt, an den Bodensee, nach Lido di Jesolo, Milano Marittma und anderen Zielen waren Ergebnisse, die sicher bei allen heute noch in Erinnerung sind.

Damals schon international

Der Vereinswechsel spielte zu unserer Zeit eine untergeordnete Rolle. Mein Bestreben war es, die talentierten Eigengewächse zu halten, um die Mannschaft nur gezielt zu verstärken. Dabei waren die vom Verein ausgehenden Bemühungen sehr gering, denn viele ehrgeizige Spieler aus unteren Klassen und der näheren Umgebung wollten bei uns spielen. Mit Lakatos, Nestmann, Klug und Norden schafften wir den Aufstieg. Spieler wie Hansi Werner, Meinhardt, Dinges, Barthel, Gerhard Köhler, Helmut Herrmann, Völker und Steinmüller halfen, die schweren Oberliga-Jahre zu überstehen. Danach kamen noch Klier aus Oestrich, Ullrich vom VfB Gießen, Kuhn vom SV Wiesbaden und lallemandt von der Germania. Übrigens hatten wir zu meiner Zeit auch einen Ausländer im Kader. Es war der sympathische Bernard Aubourg, der aus Frankreich kam, bei Albert als Volontär tätig war und bei uns in der ersten und zweiten Mannschaft als Mittelstürmer eingesetzt wurde. Alle passten menschlich und spielerisch in unser Konzept und verstanden es relativ schnell, sich ein- und unterzuordnen. Der Vereinswechsel erfolgte innerhalb von sieben Tagen nach der Abmeldung beim alten Klub. Handgelder und Ablösesummen gab es nicht. Da ist es schon erstaunlich, welche Beträge in der heutigen Zeit beim Transfer eines Amateurs auf den Tisch geblättert wereden, und dies teilweise für Kicker, die den Ball kaum streicheln können. Mäzene und Gönner müssen einspringen, um manchen Schatzmeister vor seinem Herzinfakt zu bewahren.

Bergsteigértour nach Mitternacht

Sponsoren und Bandenwerbung gab es damals kaum, ein Klubheim gar nicht. Unser Torwart Herbert Zimmermann beschaffte lediglich Annoncen für unser Mittteilungsblatt, das monatlich erschien und das Vereinsleben schilderte. Das spielte sich weitgehend auf dem Sportplatz und im Frankfurter Hof, später in der Turnhalle ab. Spielersitzungen, Stunden geselligen Zusammenseins, Feiern jeglicher Art wurden dort abgehalten. Nach dem Abpfiff – ob Sieg oder Niederlage – begann das Gerangel an der Theke. Biere und klare Schnäpse waren die Renner jener Tage. Die Aktiven, auch die Gastmannschaften bewiesen ihre Standhaftigkeit. Bis spät nach Mitternacht wurde getagt. Den Abschluss bildete die obligatorische Bergsteigertour mit Musik und Gesang. Unter der Leitung von Jule Jung mussten Tische und Stühle über- und unterschritten werden.

Schiedsrichter versackt

Auch die Schiedsrichter-Gespanne wurden nicht vergessen. Und wir hatten damals excellente Referees: Eisemann aus Mannheim, Alt aus Frankfurt, Rodenhausen aus Gießen, Spanning aus Kassel, um nur einige zu nennen, hatten im süddeutschen Raum einen Hervorragenden Ruf. Sie wurden von unserem Mitglied, dem damaligen Schiedsrichter-Lehrwart Karl Dörr in einer Biebricher Gaststätte bewirtet und unterhalten. Unvergessen, als wir den Unparteiischen vom Derby-Sieg an der Waldstraße in Biebrich mitnahmen, wo wir mit wehenden Fahnen eintrafen. Dem Mann gefiel es beim Franzek unten am Rheinufer in unserer Gesellschaft so gut, dass er nicht mehr heim nach Darmstadt fahren konnte, sondern auf einem Notlager in der Turnhalle übernachten musste. Während meiner langjährigen Tätigkeit hatte ich es mit weit mehr als hundert Spielern zu tun. Einige Namen sind schon gefallen. Ich trainierte allein zehn Torhüter, nämlich Zimmermann, Kopp, Laux, Dinges, Sauer, Kreis, Debus, Wolf und Hess. Auch hatte ich während meiner Zeit mehrere Generationen zu betreuen. Litzinger, Schäfer oder Lakatos waren älter als ich. Nestmann, Stevens, Kummer, Füll und Meurer waren gleichaltrig, mit Peuckmann und Steinmüller oder Mangels folgte das Mittelalter, und den Schluss bildete die junge Garde mit Herbig beginnend über Hassler bis zum Klaus-Dieter Herrmann.

Pullover für die Spieler gestrickt

Ich erinnere mich an die große Schar der freiwilligen Helfer, an Fußballer und Erlebnisse, die erwähnt werden sollten.

Wer kannte nicht unsere liebe Frau Kerschensteiner, die Pullover für unsere Spieler strickte, einen guten Kuchen backte oder auch den Schiedsrichter mit dem Regenschirm bedrohte. Wer erinnert sich noch an den verschossenen Elfmeter von Heiner Schäfer? Der Ball landete nicht wie gewollt im Tor, sondern traf den Schornstein von Leinbergers Haus.

Als echter Biebricher Bub erlebte Fritz Herbig bereits als Jugendlicher den Einsatz in der ersten Mannschaft. Im Entscheidungskampf um den Aufstieg spielte er in Gießen- Heuchekheim gegen den BC Sport Kassel auf der Position des linken Läufers. Auch dank ihm feierten wir einen hohen 6:1-Sieg.

Unvergessen auch, als unser Rechtsaußen Hansi Vogt nicht zum Spiel von Hünfeld eintaf. So kam der jetzige Vorsitzende Horst Klee, der als junges Spielausschussmitglied die Fahrt mitgemacht hatte, zu seinem einzigen Hessen-Liga-Einsatz. Hinterher war manche Runde fällig, zumal die Partie im April 1965 4:2 gewonnen wurde.

Borkholder Hof in Blau und Weiß

Eine Meisterschaftsfeier besonderer Art wurde uns nach dem Aufstieg 1957 zuteil. Martin Fuhr, der Chef unseres Linksaußen Müller, ließ den Borkholder Hof in den Farben Blau und Weiß erstrahlen. Das Essen wurde in blau-weißem Geschirr gereicht, die Tafel mit blau-weißen Blumengebinden dekoriert, und gespeist wurde bei blau-weißem Kerzenlicht.

Ein schönes Erlebnis für alle Biebricher war die Einweihung des Rasenplatzes am 2. Oktober 1960. Vor großer Kulisse und viel Prominenz wurde Viktoria Uberach 3:1 besiegt.

Beim 1:0 im Entscheidungsspiel um den Klassenerhalt gegen Olympia Lorsch im Juni 1960 in Neu-Isenburg gab unser Jungtalent Franz Hassler sein Debüt auf dem ihm ungewohnten Posten des Linksaußen. Er sicherte sich auf Anhieb einen Stammplatz. Die Spannung in dieser Begegnung war so groß, dass unser Treuer Anhänger Friedrich Steinacker an einem Herzschlag starb.

02-Premiere im Fernsehen

Dieter Weber war der erste Biebricher, der im Fernsehen seinen Einstand gab. Die Sportschau sendete am 21. Novenber 1960 Ausschnitte aus dem Amateur – Länderkampf Hessen – Nordbaden. Seine Abschiedsvorstellung als Amateur gab Weber am 10. Juni 1961 im Berliner Olympiastadion, wo die Hessen gegen Berlin mit 4:0 gewannen. Weber ging alsdann nach Offenbach. Sein Nachfolger in Biebrich wurde Karl-Heinz Laux.

Explosives Silvester-Match

4.000 Zuschauer umsäumten an Sylvester 1960 den Zwinger (unseren Hartplatz) beim Punktspiel gegen den VfB Friedberg. Nachdem hunderte von Besuchern den Schnee niedergetrampelt hatten, sahen sie gemeinsam mit Bundestrainer Helmut Schön und Verbandssportlehrer Rudi Gellesch ein rassiges Match mit einem gerechten 3:3. Nach dem Einläuten des neuen Jahres explodierte ein Riesenkracher, wobei sich unser Jürgen Bernhardt eine Augenverletzung zuzog und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Schiedsrichter in Grube gejagt

Von zahlreichen Platzordnern und Polizei musste Schiedsrichter Gathow (Offenbach-Bieber) nach dem 3:3 gegen Darmstadt 98 vor 7.000 Zuschauern in eine riesige Baugrube – die neue Sporthalle war im Entstehen – in Sicherheit gebracht werden. Der Zorn unserer Anhänger wandte sich gegen ihn, weil er dem Gegner zwei Abseitstore geschenkt, andererseits einen klaren Treffer von Rainer Köhler nicht anerkannt hatte.

Ein großer Tag war der 4. März 1961 für Bubi Meinhardt und seine Frau. Filmkameras surrten und Blitzlichter flammten auf, als das junge Paar durch ein Spalier von großen und kleinen Fußballern zum Traualtar schritt. Höhepunkt, als ein schwarzer Bub aus der C-Jugend einen riesigen Blumenstrauß überreichte.

„Der neue Sport“ brachte in seiner Ausgabe vonm 15. Februar 1962 von der Partie Biebrich 02 – Hermannia Kassel folgenden Satz: „Ein Artistentor a la Piola von Klier in der horizontalen Lage erzielt, ließ 3.000 Zuschauer noch einmal begeistert Beifall klatschen.“ Piola war einer der weltbesten Mittelstürmer.

Viele freiwillige Helfer, darunter der heutige Vorsitzende Horst Klee, saugten am 1. Februar 1964 mit Schwämmen und Putzlappen bewaffnet, das viele Wasser vom Rasenplatz, um die Austrgung der Hessenliga-Partie gegen den Sportverein zu ermöglichen. Alle Mühe und Schufterei zahlten sich nicht aus, denn die Begegnung ging mit 2:6 Toren verloren.

Tünnes, Piep, Attila und Co

Namen aus der damaligen Zeit, die man nennen muss:
Ludwig Attila Lakatos, der ewig junge Sohn der Puszta
Christian Piep Müller, der Mann auf dem linken Flügel
Wilfried Rath, der ehrgeizige Stopper aus Leidenschaft
Helmut Tünnes Thorand, der geborene Kämpfer mit der Raketen-Technik
Der lachende Toremacher Gerhard Köhler
Willi Steinmüller, ein Kämpfer von Format
Dieter Weller, der Allrounder vom Dyckerhoff-Platz
Hansi Werner, ein Vorbild für den Nachwuchs
Rainer Köhler, ein Mann von hohen kämpferischen Qualitäten
Hansi Vogt, der schnellste Mann von Biebrich
Willi Peuckmann, unser Gentleman-Sportler – er erhielt Weihnachten 1964 für 500 Spiele in der ersten Mannschaft den erstmals verliehenen Silbernen Ehrenteller,
Zeugwart Jule darf nicht vergessen werden, der zugleich Masseur war. Hohes Lob gilt den vier Spielausschussvorsitzenden, die von 1951 bis 1968 fungierten:
Willi Lindner, Karl Gilles, Paul Haas und Günther Seilberger.

Stets ein lieber Mensch

Abschließend muss ich noch einen Mann erwähnen, mit dem mich all die Jahre eine gegenseitige Achtung verband. Es ist unser lieber Jürgen Grabowski. Als er zu uns kam, habe ich sem damaligen Spielausschuss-Vorsitzenden Günther Seilberger gesagt: „Das wird einmal ein ganz Großer“. Das hat sich bestätigt. Er war nicht nur Biebrichs technisch bester und begabtester Fußballer, nein, er ist auch bis zum heutigen Tage trotz seiner vielen Erfolge Mensch und Kamerad geblieben. Und das zeichnet ihn besonders aus. Hessenauswahlspieler, Amateur- Nationalspieler, Bundesligaspieler, A-Nationalspieler und Weltmeister waren Stationen seiner großen Laufbahn. Bei uns trug er die Nummer acht auf dem Rücken. Mit seiner leichtfüßigen, eleganten Art verstand er es, eine gesamte Hintermannschaft auszuspielen. Seine Perfektion am Ball ließ ihn zum Publikumsliebling werden. Haargenau kamen seine Flanken, und der Doppelpass mit Klier oder den anderen Youngstern erfreute jedes Fußballherz. Heute ist er ein großes Vorbild für die Jugend. Ich hatte häufig Gelegenheit, ihn beim Stützpunkttraining in der Sportschule Grünberg zu beobachten, wenn er als „Pate“ tätig war.

Sie nannten mich immer Chef

1965 schrieb der „Hessen-Fußball“: „Heinz Przybilla schied nach 13 Jahren Trainertätigkeit bei Biebrich 02 von seinem Amt und wurde in der Jahreshauptversammlung in Anerkennung seiner Verdienste mit der Verleihung der Nadel in Gold geehrt und zum ersten Vorsitzenden gewählt“. Sie alle nannten mich damals „Chef“ und tun es heute noch. Ich bin nicht traurig, daß eine so schöne Zeit vorüber, sondern glücklich, daß sie gewesen ist.

Heinz Przybilla

25 Jahre für die Jugend

Als ich von unserem Organisationsteam den Auftrag bekam, die letzten 25 Jahre der Jugendabteilung Revue passieren zu lassen, fiel mir gleich so vieles an Besonderheiten und Veranstaltungen ein, daß ein exakter Überblick den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde. Die folgenden Gedanken und Fakten können daher nur einen Bruchteil der interessanten Geschehnisse in der 02er-Jugend umfassen.

Wir stellen schon seit über 20 Jahren die größte Jugendabteilung im Kreis. Zwischen 220 und 260 Kinder und Jugendliche werden dabei von einem über 20-köpfigen Jugendausschuss betreut. Was Mannschaftsmeldungen betrifft (derzeit haben wir 13) sind nicht immer die Nummer eins: Das liegt daran, dass wir im Bereich der D- und E-Jugend fast ausschließlich in Großfeld-Runden spielen. Bei einer Kleinfeld-Philosophie bräuchten wir jede Saison drei Trainer zusätzlich und müssten regelmäßig Kleinfelder auf dem Hartplatz abstreuen. Daher werden wir immer Großfeld-Lösungen favorisieren.

Der Anteil der ausländischen Kinder an der Gesamtzahl hat sich dabei in meiner Jugendleiterzeit mehr als verdoppelt: Fast 60 Prozent aller Jugendspieler sind nicht deutscher Abstammung. Türken und tradionell Griechen stellen dabei das Gros. Wir haben dadurch zwangsläufig auch Mannschaften, in denen keine deutschen Kinder mehr spielen. Nicht allen deutschen Eltern gefällt das, aber die Stadtvereine im Rhein-Main-Gebiet sind heute alle ähnlich gegliedert. Der Jugendausschuss sieht darin kein Problem, zumal wir auch immer wieder ausgezeichnete ausländische Mitarbeiter im Trainerstab haben.

Von der B-Jugend bis zur F-Jugend besetzen wir regelmäßig jede Altersklasse mit mindestens zwei Teams. Auch schwächere Fußballer sind bei uns willkommen. Breitensport bildet nun mal die Grundlage des Leistungssports, dies haben wir schon immer erkannt. Dass wir trotzdem besonders stolz auf unsere Leistungsteams sind, wird jeder verstehen. Mit wenigen Ausnahmen sind wir regelmäßig mit allen Mannschaften in der Bezirksliga vertreten. Bei den in den letzten elf Jahren durchgeführten und von uns so ungeliebten Qualifikationsrunden (nur auswürfeln ist unfairer) hatten wir zwangsläufig auch kleine Auszeiten zu verzeichnen. Wesentlich interessanter sind da die „Aussetzer“ nach oben: Nach Bezirks-Meisterschaften spielte die B-Jugend zwei Jahre und die A-Jugend drei Jahre am Stück in der Hessenliga. Elf Bezirksmeisterschaften konnte wir ab 1977 erringen: Je dreimal hießen dabei die Trainer Klaus Tobies und Ulrich Janocha, viermal durfte ich herausragende Mannschaften zu diesem Titel führen.

Natürlich haben wir in dieser Zeit auch Spieler hervorgebracht, die für unseren Verein irgendwann zu gut waren: Stellvertretend möchte ich unseren Torwart Thomas Ernst nennen (Bundesliga bei Eintracht Frankfurt, VfL Bochum und VfB Stuttgart) sowie Georg Theodoridis, griechischer Jungnationalspieler von Aris Saloniki. Kennt jedoch auch jeder unsere Ex-Jungendspieler Frank Burneleit und Charalambos Mentis? Die haben es zwar nicht in die erste Liga geschafft, trainieren aber schon seit vielen Jahren unsere Jugendmannschaften. Was für eine funktionierende Betreuerstruktur wichtiger ist, kann jeder ermessen.

Trainer und Betreuer habe ich einige kommen und gehen sehen. Insbesondere im Bereich der älteren Jugendteams hat es immer einer großen Überzeugungs- und auch Überredungsarbeit bedurft, um engagierte Fußball-Lehrer für uns zu gewinnen, die auch mit jungen Leuten umgehen können. Wie gut wir auch aus Sicht unseres geschäftsführenden Vorstandes damit oft lagen, dokumentiert die Saison 1998/99: Zunächst wurde der A-Jugend-Trainer Manni Geyer zum Trainer unserer Landesliga-Mannschaft gemacht, dann hat man dessen Nachfolger Siggi Maurer zum Trainer der Zweiten ernannt.

Die Trainer unserer jüngeren Teams sind im Schnitt jedoch wesentlich mehr eingebunden: Besonders stolz bin ich auf die schon über zehn Jahre andauernde Zusammenarbeit mit unserem Kurt-Duo: Ohne Kurt Morlock (dem E-Jugend-General) und Kurt Bissinger (trotz Wohnortwechsel ins tiefste Bad Kreuznacher Hinterland) wäre unsere Jugendabteilung kaum weiter funktionsfähig. Auch in dieser Saison decken sie wieder insgesamt fünf Teams verantwortlich ab – das ist einfach sensationell. Stellvertretend für viele Super-Typen, die im vergangenen Vierteljahrhundert bei uns mitgemacht haben, möchte ich noch zwei herausheben, die nicht mehr in unserer Mitte sind: Toni Deusser, 20 Jahre Herz und Seele unseres Stabs, ist nun schon sieben Jahre tot; Norbert Michale war über 25 Jahre immer dabei wenn`s gebrannt hat.

Zwei Begegnungen mit großen Fußball-Persönlichkeiten möchte ich bei meinen Aufzeichnungen nicht vergessen. 1993 durfte ich als Vereinsvertreter die Profis von Panathinaikos Athen von der Erbismühle nach Biebrich begleiten: Die Bus-Gespräche mit dem damaligen Trainer der Hellenen, Ivica Osim, haben den Kroaten für mich zu einem ganz großen Sportler gemacht. Unvergessen für mich auch ein fast einstündiges Vier-Augen-Gespräch mit Egidius Braun 1998: Aus Anlass meiner Wahl zu den ersten hundert Siegern der DFB-Ehrenamtsaktion beeindruckte mich die Natürlichkeit und Menschlichkeit des damaligen DFB-Präsidenten zutiefst.

Schon Anfang der achtziger Jahre wurde unsere Jugend oft als Biebricher Reiseverein bezeichnet. Es gibt in der Tat wenig Länder in Europa, wo wir noch nicht gespielt haben. Solche Gemeinschaftsfahrten fördern nicht nur den Zusammenhalt von Mannschaften und Jugendausschuss, sondern erleichtern auch das Verständnis für fremde Völker und Mentalitäten. Höhepunkte waren zweifelsohne die einmaligen Reisen nach Israel, Griechenland, in die Türkei sowie zum größten Jugendturnier der Welt nach Hjörring in Dänemark (Dana-Cup). Am meisten zu erzählen gibt es aus Ungarn, wo wir bereits fünf zweiwöchige Ferienfreizeiten am Plattensee organisierten. Hervorheben möchte ich fünf Vereine, mit denen wir über Jahre vorbildliche Austauschprogramme organisiert haben:

Zuerst war da VV Hercules Haarlem. Dieser holländische Verein hat uns von 1977 bis 1985 vorgemacht, wie man internationale Jugendbegegnungen organisiert. Mittlerweile hat der Klub, der inseiner Blütezeit über 50 Jugendteams betreute, keine Jugendabteilung mehr. Die Schweizer vom FC Ebikon waren 1982 erstmals in Biebrich und sind somit der Klub, mit dem wir am längsten gegenseitige Besuche pflegen. Von 1983 bis 1994 fuhren wir regelmäßig mit der D-Jugend zum KFC Strombeek nach Brüssel. Seit 1988 besteht der Austausch mit Hamburg-Ochsenwerder und seit 1990 mit dem OFC Neugersdorf aus Sachsen. Dieser Kontakt wurde 1988 in Ungarn geknüpft und auch ohne den Mauerfall war eine Begegnung für 1990 über viele Schriftwechsel und Gremien vorbereitet.

Schon vor meiner Zeit gab es die Feldturniere um den Jürgen-Grabowski-Wanderpokal (D-Jugend seit 1973) und um den E-Jugend-Pokal der Biebricher Zeitung. Für Hallenrunden sehen wir uns als Vorreiter im Kreis Wiesbaden. Von 1977 bis 1987 haben wir die offiziellen Hallenmeister unter den besten sechs Wiesbadener C-Jugend-Mannschaften gekürt. Ab 1983 haben wir dann im Zwei-Jahres-Tumus Hallenmeisterschaften bei E-, D- und C-Jugend gestartet. Alle Wiesbadener Vereine haben teilgenommen, und der Kreisjugendausschuss hat dann jeweils zwei Jahre später die Organisation übernommen. Nur für die 1989 gestartete Hallenrunde der B-Jugend konnten wir kein Interesse beim Kreisjugendausschuss wecken. Wir denken jedoch, dass gerade diese problematische Altersklasse genauso ein Anrecht auf eine organisierte Hallenrunde hat wie die Kleinen. Deswegen machen wir uns auch heute immer wieder diese Mühe.

1982 haben wir erstmals ein Internationales Feldturnier ausgerichtet. Da dies im Bereich der A-Jugend zu etlichen Problemen geführt hat, spielen wir dieses Turnier seit 1984 im Zwei-Jahres-Rythmus bei der C-Jugend. Mittlerweile gehört diese Veranstaltung zu den am meisten gefragten C-Jugend-Turnieren in unserem Land. Internationalität ist dabei neben der Teilnahme von attraktiven Profiklubs schon immer unser Hauptziel gewesen.

Seit 1983 veranstalten wir am Sonntag vor Heiligabend das Wiesbadener Betreuer- und Jugendtrainerturnier. Viele Vereine nehmen hier die Möglichkeit wahr, neben dem gemeinsamen Kicken Gedankenaustausch zu betreiben. Nachdem wir in den achtziger Jahren das Turnier dreimal gewinnen konnten, sind wir mittlerweile im Altersdurchschnitt weit hinten und freuen uns, wenn wir die letzten Plätze vermeiden.

Schließen möchte ich mit ein paar persönlichen Dingen. 1973 bin ich von meinem damaligen Trainer und Jugendleiter Bernhard Walter zum C-3-Trainer ausgeguckt worden. Herr Walter hatte bei mir gute Karten, denn er hatte mich nach einigen Jugendjahren in der Abwehr zum Mittelstürmer gemacht. Tore schießen ist nun mal der Traum eines jeden Jugendfußballers, und in einer starken Mannschaft konnte ich das mehr als genug. Schon kurz darauf mochte ich mir den Alltag ohne Jugendtraining nicht mehr vorstellen, und als der Verein 1980 keinen Nachfolger für Jugendleiter Klaus Kroener finden konnte, musste man mich nicht lange überreden. In den Achtzigern war fast alles im Jugendausschuss mit Spaß und Freude verbunden. Nach einigen für mich persönlich völlig rechtswidrigen und unsportlichen Entscheidungen von Verbandsmitarbeitern entschloss ich mich dann 1990, die offizielle Jugendleiterbezeichnung an meinen Stellvertreter Jürgen Dindorf abzutreten. Ich wollte selbst ohne Probleme entscheiden, mit welchen Verbandsfunktionären ich zusammenarbeite und wo ich lieber dankend ablehne. Jürgen Dindorf ist dabei mit seiner Zuverlässigkeit und seinen Kenntnissen ein wichtiger Mann für uns geworden.

Nachdem ich nun zwei kleine Kinder habe, die natürlich zusammen mit meiner Frau nach ihrem Papa verlangen, habe ich mein Engagement in den vergangenen drei Jahren etwas zurückgenommen. Ich bin jedoch festen Willens, mich trotz zeitlicher Bedenken weiter als Jugendleiter den gewiss nicht einfacher werdenden Aufgaben zu stellen. Ich kann mir hierzu nur wünschen, dass der Jugendausschuss in seinem Kern weiterhin zusammen bleibt. Ebenso bleibt die seit Jahren vorhandene Bereitschaft des Gesamtvorstandes, die Probleme der Jugendabteilung mindestens gleichrangig mit anderen Vereinsangelegenheiten zu sehen, zwingende Voraussetzung, dass die positiven Aspekte unseres Engagements überwiegen.

Hartmut Steindorf

Ein Blauer aus Ionnina

Ich wurde im Jahr 1978 in Ionnina in Griechenland geboren. Bis zu meinem sechsten Lebensjahr lebte ich in Griechenland bei meinen Großeltern, da meine Eltern in Deutschland arbeiteten. 1984 kam ich ebenfalls nach Deutschland und wurde in die zweite Klasse der Goetheschule eingeschult. Durch Klassenkameraden kam ich mit neun Jahren zum FV Biebrich 02. Mein damaliger Trainer in der E-Jugendwar Horst Schuhmacher. Bis zur A-Jugend durchlief ich, mit mehr oder weniger Erfolg, sämtliche Nachwuchsteams des Vereins. Dabei schaute ich mir von den verschiedenen Trainern viel ab. Meine Trainer achteten sehr darauf, dass wir Spieler uns trotz der unterschiedlichsten Nationalitäten gut verstanden. Das hat mir damals sehr imponiert. Als mich eines Tages mein damaliger Mitspieler in der B-Jugend, Eugen Loran bat, bei der E-Jugend von Herrn Morlock als Jugendbetreuer tätig zu werden, sagte ich sofort zu. Dies bereitete mir soviel Spaß, dass ich es vorzog, lieber die Kleinen zu betreuen, als selbst in der A-Jugend zu spielen. Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen prägte mich sehr, denn ich lernte, Verantwortung zu übernehmen, Prioritäten zu setzen und den Begriff Integration selbst zu verwirklichen. Es waren gute Voraussetzungen, um mich in meiner Lehre und jetzt in meinem Beruf als Industriemechaniker bei Dyckerhoff durchzusetzen. Ich fühle mich in Biebrich sehr wohl. Ich hatte nie das Gefühl, wegen meiner Nationalität herablassend behandelt zu werden. Im Gegenteil: Es ist beeindruckend, wie es den Leuten im Verein immer wieder gelingt, verschiedenste Nationalitäten und Kulturen unter einen Hut zu bringen. Zur Zeit trainiere ich die C-Jugend des Vereins und wünsche mir, dass der FV Biebrich 02 auf seinem Weg weiter viel Erfolg hat. Ich jedenfalls werde alles dafür tun.

Charalampos Mentis

Fast unser erster Nationalspieler – Christel Kraus

1935 spielte der BFV 02 nach Erreichen der Meisterschaft in der zweithöchsten Liga, der Bezirksklasse.

Bei den Pokalspielen 1938 kämpften sich die Blauen bis zur ersten Liga durch und wurden von ihrem letzten Gegner, vom FSV Frankfurt, nur knapp mit 6:4 besiegt. 0:5 lag die Mannschaft des BFV in der Pause im Rückstand, ehe es in der zweiten Hälfte durch vier herrliche Tore von Christel Kraus zum Endresultat kam.

Besonders erwähnt sei das große Biebricher Spielertalent Christel Kraus, das aus der eigenen Vereinsjugendhervorgegangen war, vom damaligen Reichstrainer Sepp Herberger zum Lehrgang für die Nationalmannschaft berufen wurde.

Er spielte schon bald in der B-Auswahlmannschaft Gau Südwest.

Der Vater des im Krieg gefallenen Christel, Christian Kraus, übernahm später für zwei Jahre die Vereinsführung.

Ein Torwart für die Bundesliga – Thomas Ernst

Als kleiner Steppke begann Thomas Ernst beim FV Biebrich 02 mit dem Fußballspielen. Schon seine E-Jugend Trainer, Walter Brauner und Andreas Jäger erkannten sein Talent und stellten ihn ins Tor. Um ihn weiter zu fördern, schoben sie mit ihm die eine oder andere Sonderschicht im Sandkasten.

In der D-Jugend absolvierte er einige Spiele als Linksaußen. Als er in die C-Jugend wechselte, wurde er von seinem Trainer Hartmut Steindorf wieder zwischen die Pfosten beordert.

Mit 14 Jahren verließ er den FV Biebrich 02 und wechselte zur Frankfurter Eintracht. Mehrmals in der Woche fuhr er zum Training an den Riederwald. Anfangs ließ er sich von seinen Eltern chauffieren, später fuhr er mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Aufwand lohnte sich. Er wurde Meister bei der B- und A-Jugend der Eintracht. Einige seiner damaligen Mannschaftskameraden wurden später Nationalspieler., so zum Beospiel Thomas Berthold oder Andreas Möller. Thomas Ernst landete als Aktiver zunächst in der Oberligamannschaft der Eintracht. In dieser Zeit absolvierte er ein U-19-Länderspiel unter Trainer Reinhold Franz, der viele Jahre später auch mal die Eintracht trainierte. Als Zweiter Torhüter hinter Hansi Gundelach und Ulli Stein schnupperte er dann Bundesligaluft. Seinen ersten Einsatz in der Eliteklasse hatte er sich aber anders vorgestellt. Es war am 18. September 1987 im Auswärtsspiel beim FC Homburg, als sich Hansi Gundelach in der 51. Minute so schwer verletzte, dass er nicht mehr weiter spielen konnte. Innerhalb von 39 Minuten kassierte Ernst drei Tore – die Eintracht verlor mit 2:5.

Auf seinen zweiten Einsatz in der höchsten deutschen Spielklasse musste er fast sieben Jahre warten. Es war am 16. April 1994, als Thomas Ernst vom Rauswurf Ulli Steins bei der Eintracht profitierte und das Frankfurter Gehäuse hütete. In den Spielen gegen Wattenscheid (5:1), in Dortmund (0:2), beim Hamburger SV und in Köln (3:2) bekam er gute Kritiken und erreichte mit der Eintracht einen UEFA-Cup-Platz. In seiner Freizeit trainierte er die Damenfußballmannschaft von Schwarz-Weiß Wiesbaden und führte zusammen mit seinem Mannschaftskameraden Thomas Lasser ein Bistro in Wiesbaden.

Der Biebricher, der vor einigen Jahren im Schloss heiratete, wo 02-Jugendspieler Spalier standen, wechselte zum VfL Bochum und im Sommer 2000 zum VfB Stuttgart. Der 34-jährige hat mittlerweile 60 Bundesliga-Einsätze auf dem Konto.

Horst Schuhmacher

Georgios Theodoridis – von Biebrich in die Champions League

Zur Person:
Geboren am 3. 7. 1980 in Frankfurt
1986 – 1995 Jugendspieler beim FV Biebrich 02
1995 Griechischer B-Jugendmeister mit Aris Saloniki
1997 erster Profivertrag
1999 erstes Punktspiel für Aris Saloniki
2001 Angebot von Panathinaikos Athen; Vertrag ab 2002

Am Anfang einer großen Karriere steht unser ehemaliger Jugendspieler Georgios Theodoridis. 1986 kam er zum FV Biebrich 02, spielte in der F-Jugend, danach zwei Jahre in der E-Jugend von Stefan Frey. 1991 und 1992 wurde er unter Trainer Janocha Bezirksmeister mit der D-Jugend. Es folgten zwei Jahre in der C-Jugend unter Trainer Kurt Bissinger; danach noch ein Jahr in der B-Jugend, die von Hartmut Steindorf trainiert wurde. Mehrere Angebote von größeren Vereinen (Wehen, Höchst, Mainz 05 oder Eintracht Frankfurt) schlug der mehrmalige Bezirksauswahlspieler aus – sein Vater Spyro war von der Jugendarbeit beim FV Biebrich 02 überzeugt. 1995 ging er mit seinen Eltern zurück nach Griechenland. Mit der B-Jugendvon Aris Saloniki wurde er gleich im ersten Jahr griechischer Meister.

1997, gerade 17 Jahre alt geworden, erhielt er einen Vertrag als Profi und wurde für sechs Monate an den zweitligisten Athinaikos Athen ausgeliehen. Er absolvierte mehrere Meisterschaftsspiele und kehrte dann nach Saloniki zurück. Im April 1999 bestritt er sein erstes Punktspiel für Aris Saloniki. In der Rückrunde der Saison 2000/2001 kam er in allen Begegnungen für Aris zum Einsatz. Im Sommer 2001 nahm er ein Angebot des griechischen Champions League Teilnehmers Panathinaikos Athen an und schloss einen Vertrag ab Sommer 2002 ab. Auf zahlreiche internationale Einsätze kann Georgios Theodoridis inzwischen zurückblicken. Für die U18-Nationalmannschaft der Griechen absolvierte er 24 Spiele in Folge, wurde 1998 bei der EM-Endrunde in Schweden Vierter und als bester Spieler seines Landes ausgezeichnt.

In der U21-Mannschaft ist er mittlerweile zu einer festen Größe geworden. In mehreren Europameisterschafts-Qualifikationsspielen trug er das blaue Trikot und konnte sich beim 3:1-Sieg gegen England sogar in die Torschützenliste eintragen.

Hartmut Steindorf

Blaue Persönlichkeiten

Horst Klee – traditionsbewusst auf immer neuen Wegen

Solange wie niemand sonst führt Horst Klee den Biebricher Fußball-Verein. Fast ein Drittel der hundertjährigen Geschichte gestaltete er als Vorsitzender – und das stets mit wachem Kopf, aber auch mit ganzem Herzen. Wenn man ihn porträtiert, muss man sich die Entwicklung der Blauen in dieser Zeit vor Augen halten. Während andere Klubs erst noch in ihre Krisen hineinschlidderten und zum Teil bis jetzt nicht mehr herausfanden, baute er den BFV um, stellte ihm neue, den Zeiten angepasste Aufgaben, aus denen der Verein bis heute und in Zukunft seine Existenzberechtigung zieht.

Die Blauen stehen nicht mehr zuvorderst in Konkurrenz zu ihren Nachbarn. Neben dem sportlichen Wettkampf betrachten die 02er ihr Mitwirken bei dem Bemühen, Biebrich als größten Wiesbadener Stadtteil zu einem für alle Bewohner lebenswerten Gemeinwesen zu machen, als erste Ehrenpflicht. Der BFV unterbreitet seit vielen Jahren jedem – ohne Unterschied von Alter, Talent, Herkunft, Glauben und sozialer Stellung – ein fußballsportliches Angebot. Dass die Arbeit mit den Jugendlichen und die Nachwuchsförderung dabei im Mittelpunkt stehen, ist eine Selbstverständlichkeit. Noch lange bevor andere auch nur davon sprachen, machte man sich bei den 02ern die Integrationskraft des Mannschaftssports zu Nutze, um aktiv einen wesentlichen Anteil am außergewöhnlich friedfertigen Miteinander aller Biebricher zu leisten. Diesen Weg hat Horst Klee gewiesen und dadurch dem Klub und seinen ehrenamtlichen Mitarbeitern eine sinnvolle Aufgabe gestellt.

Die Entwicklung des Vereins seit seiner Amtsübernahme 1971 ist rundum positive. Zwar spielt die erste Mannschaft heute eine Klasse tiefer als damals, aber die Blauen sind mittlerweile unumstritten zur Nummer eins im Wiesbadener Fußball geworden, wenn man alle relevanten Parameter zur Beurteilung heranzieht: Mitgliederzahl, Größe und Erfolge der gesamten Jugendabteilung, Stellung der aktiven Mannschaften, Organisation von Veranstaltungen, gesellschaftliche Bedeutung und wirtschaftliche Situation.

Für Horst Klee besaß Schuldenfreiheit stets oberste Priorität. Nur ein finanziell gesunder Verein, so seine Maxime, kann seine sportlichen und sozialen Aufgaben erfüllen. Die Verlässlichkeit des 02-Handelns und die Zuverlässigkeit der 02-Verantwortlichen sind natürlich nicht allein sein Verdienst. Aber sein Name steht als Synonym für die Solidität der Blauen.

Sein Glück war sicher, engagierte Top-Mitstreiter für die Schlüsselpositionen zu finden. Sein Verdienst war es, sie bei aller Unterschiedlichkeit der Charaktere einzubinden und lange bei der stange zu halten. Die Kontinuität der Vereinsarbeit wurde garantiert auch durch die vieljährige Dauerhaftigkeit, mit der die Vorstandsstühle besetzt blieben. Hartmut Steindorf, Werner Kuhn, Dieter Zorn, Horst Seilberger – ohne sie wäre die Ära Klee so nicht vorstellbar. Aber Horst Klee verstand es stets auch, neue Mitstreiter zu finden und blieb immer offen für neue Wege, Ideen und Konzepte, wenn sie günstige Perspektiven versprachen.

Als er vor 31 Jahren mit 31 Jahren antrat, rettete er zuerst die eigenständige Zukunft des Biebricher Fußball-Vereins. Dank seiner Energie, die er trotz Beruf, Familie, seinem politischen Engagement und anderen ehrenamtlichen Aufgaben in die Blauen investierte, entwickelte er die 02er zu einer wieder unumstrittenen, gegen Krisen jedweder Art unanfällige Größe in der Landeshauptstadt.

Gemeinsam mit seinem Team schuf er 1977 mit dem Klubheim das Zuhause der Blauen, belebte Anfang der 80er Jahre die Vereinszeitung wieder und knüpfte neue Kontakte zur heimischen Wirtschaft. Das internationale C-Jugendtuniere, das grenzenlose Meeting für den Nachwuchs, der Nostalgiecup, das Treffen der Wiesbadener Fußball-Asse von einst, sowie die Blaue Nacht, das Fest für die ganze 02er Familie, Freunde und Gönner, wurden zu Traditionsveranstaltungen, die die gesamte Breite der Vereinsarbeit nicht nur symbolisch in aller Öffentlichkeit widerspiegeln. In viel beachteten Diskusions-Foren belegten die Blauen wiederholt, dass auf dem Dyckerhoff-Sportfeld nicht nur Sport getrieben, sondern auch seine Stärken und Schwächen reflektiert, seine Möglichkeiten stets aufs neue ausgelotet werden.

Für den Vorsitzenden und jeden engagierten Blauen ist es keine Härte, in die Pflicht genommen zu werden. Sie spüren die soziale Verantwortung und machen sie zum Programm: Der uneigennützige Verein als notwendiger Teil einer funktionierenden Gesellschaft ist Sinnstifter für all seine Mitstreiter. Jeder hilft in Rahmen seiner Möglichkeiten. Und es gehört zum guten Stil Klees und seiner Mannschaft, um die kleinen, guten Taten wenig Aufhebens zu machen. Das Horst Klee zu seinem 60. Geburtstag statt der Geschenke Spenden für die 02-Jugendarbeit erbat, dass beim Nostalgiecup bislang schon über 13.000 Mark für soziale Zwecke erwirtschaftet und gesammelt wurden, passt ins Gesamtbild. Während in unserer Gesellschaft erst langsam wieder die Erkenntnis zu reifen scheint, dass Spass und Geld vielleicht doch nicht alles sind, leben sie beim beim Biebricher Fußball-Verein unter der Führung von Horst Klee schon lange nach dem Motto: Spaß haben und Gutes tun.

Jürgen Grabowski – auch als Weltmeister ein Kamerad

Man muss keine teuren Gutachten in Auftrag geben, um es zu belegen: Jürgen Grabowski war es, der den Namen des Biebricher Fußball-Vereins über die hessischen Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. In den Fußball-Alben, in die in den Sechziger Jahren Kinder und Jugendliche in der ganzen Republik die gesammelten Bilder der neuen Bundesliga geklebt haben.Später in den Saison-Sonderheften oder im Kicker-Almanach stand`s schwarz auf weiß: Jürgen Grabowski, früher FV Biebrich 02. Er war unzweifelhaft das größte Talent, der beste Fußballer, der je in den Reihen der Blauen gekickt hat. 1960 kan er von den 19ern, weil die keine A-Jugend auf die Beine bekamen. Zwei Jahre mit dem ältesten Nachwuchs, drei Jahre bei den Aktiven in der Hessenliga – das war die Ära des Weltmeisters bei den Blauen, denen er aber stets – in den 15 Bundesliga-Spielzeiten für die Eintracht Frankfurt und danach – die Treue gehalten hat.

Längst Ehrenmitglied, sagt er heute: „Meine Zeit bei Biebrich 02 war für mich ein Glücksfall. Es stimmte einfach alles. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich von Leuten umgeben war, auf die ich mich verlassen konnte.“ Kein Wunder, dass er sich von einem Blauen begleiten ließ, als er zu Vertragsverhandlungen mit dem Frankfurtern ging: Das damalige Spielausschuss-Mitglied Horst Klee nahm an den Gesprächen mit Eintracht-Präsident Rudi Gramlich teil. „Wir einigten uns, und der Vertrag war perfekt“, erinnert sich Grabowski, „obwohl es mir nicht leicht fiel, die 02er und ihr intaktes Umfeld zu verlassen.“

Die Zahl 44 spielt im Fußballer-Leben Jürgen Grabowskis eine magische Rolle. Am 7. Juli 44 geboren, absolvierte er später 44 Länder- und 441 Bundesligaspiele. Mit der Nationalmannschaft, für die er fünf Tore erzielte, nahm er an drei Weltmeisterschaften teil. Schon 1966, als er in England noch ohne Einsatz blieb, 1970 in Mexiko, wo er sich als „weltbester Auswechselspieler“ in die Schlagzeilen spielte und mit dem Team Dritter wurde und schließlich 1974, als er in der Mannschaft stand, die das Münchner Finale gegen Holland 2:1 gewann. Er erhielt das silberne Lorbeerblatt und trat zurück. Vier Jahre später wollte ihn Helmut Schön zur Rückkehr und zur Teilnahme an den Titelkämpfen überreden, doch der Grabi sagte nach reiflicher Überlegung ab. Obwohl gerade in seinen „späteren Jahren“ seine Genialität auf dem Platz so beeindruckend zur Geltung kam. Nicht mehr auf Rechtsaußen, sondern als großer Regisseur führte er die Eintracht, für die er 109 Bundesliga-Treffer markierte, zu zwei DFB-Pokalsiegen. Ein letzter Höhepunkt hätte der Uefa-Pokalsieg 1980 werden können, doch im Endspiel gegen Borussia Mönchengladbach fehlte er wegen einer Verletzung, die er bei einem bösen Foul des damals 19-jährigen Lothar Matthäus erlitten hatte.

Wenngleich Jürgen Grabowski seit mehr als einem Jahrzehnt mit großer Begeisterung und mit dem ihm eigenen sportlichen Ehrgeiz Golf spielt, erinnert er sich gern gerade an seine Zeit bei den Blauen. Rufen die alten Mitstreiter aus der Jugend oder der Hessenliga-Mannschaft, wenn sie sich zu den Stammtischen bei Helmut Mehl am Schloßpark oder in jedem Januar zum Nostalgiecup treffen, ist er oft dabei, kickt nicht mehr selbst, aber plauscht ausdauernd mit den Kumpels von einst. Nicht um der Runde durch seine Anwesenheit höhere Weihen zu verleihen und sich huldigen zu lassen. Nein, so ist, so war der Grabi bei allen Erfolgen, die ihn aus diesem Kreise herausheben, nie gewesen. Und wie selbstverständlich ist er mit seiner Frau Helga bei jeder Trauerfeier dabei, wenn einer aus der großen Zeit des Biebricher Fußballs zu Grabe getragen wird, seien es ehemalige Mitspieler oder aber, wie in den vergangenen Jahren, seine Wegbegleiter: Heinz Przybilla, sein Trainer bei den 02ern, und Kurt Klein, sein Jugendleiter.

Über Kurt Klein schrieb Jürgen Grabowski einmal: „Er war der Initiator und Macher einer tollen A-Jugend. Er hatte ein Team zusammengebastelt, das von Erfolg zu Erfolg eilte. Es war für uns eine wunderbare Zeit. Kurt Klein hat uns zwei einzigartige Jahre beschert. Er war besessen vom Fußball, war Ansprechpartner, hatte immer Zeit für uns. Er leitete das Training, er organisierte einfach alles. Wir gingen für ihn durchs Feuer.“ Die Elf erreichte 1961/62 das Finale um die Hessenmeisterschaft und unterlag Hessen Kassel nach tollem Match nur knapp. Auch wenn es vielen heutigen Fußballern antiquiert erscheinen mag, ist das damalige Erfolgsrezept für Jürgen Grabowski schnell genannt: „Kameradschaft hieß unser Zauberwort.“

Und daran hat sich – wie gesagt – nichts geändert. Heinz Przybilla, der die Blauen in 13 Trainerjahren bis in die Spitzengruppe der Hessenliga führte, verband mit Grabowski eine Beziehung gegenseitiger Hochachtung. Zum 90-jährigen Bestehen des BiebricherFußball_vereins schrieb der Trainer über seinen Meisterschüler: „Er ist bis zum heutigen Tage trotz seiner vielen Erfolge Mensch und Kamerad geblieben. Und das zeichnet ihn besonders aus.

Horst Seilberger – das blaue Lebenselexier

„Der Biebricher Fußballverein ist mein großes Hobby und mein zweites Zuhause bis zum heutigen Tag.“ Beeindruckende Zahlen belegen dieses Zitat von Horst Seilberger. 65 Jahre ist er Mitglied, in 35 Jahren engagierte er sich für seine Blauen im Vorstand, zunächst im Spielausschuss, dann von 1965 bis 1992 als zweiter Vorsitzender. Seit dem Tod seiner Inge vor drei Jahren nimmt er wieder regelmäßig an den Sitzungen der 02-Führungsriege teil: „Ich versuche, meinem Verein mit Rat und Tat zu helfen.“

Das hat er schon immer getan. Und manche halten es für fraglich, ob sein Verein je so alt geworden wäre, hätte er nicht in der schwierigsten Zeit, vor allem Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mitunter persönlich für die nötige Liquidität gesorgt. „Sagt mir bloß der Inge nichts“, fürchtete er ein wenig den Einspruch seiner Frau gegen eine allzu freimütige finanzielle Unterstützung. Dabei gehörte die ja selbst dazu und hätte den Untergang der Blauen nie zugelassen.

Der „Pan“, wie ihn alle 02er nennen, war aber nicht nur für eine pragmatische Kassenpolitik, sondern auch für das unvergleichlich familiäre Klima in Verein zuständig. 1960 übernahmen die Seilbergers den „Treffpunkt“ in der Hopfgartenstraße, in dem fortan alles geregelt wurde, was die 02-Fußballer betraf: Hier wurden Spielerwechsel vereinbart, „hier hat meine Inge auch manche Ehe gestiftet“, berichtet Horst Seilberger von einem besonderen Hobby seiner Frau.

Gemeinsam mit Werner Kuhn und Gerhard Köhler hat der Pan die berüchtigten Kurzreisen von Mannschaft und Vorstand organisiert, die die Blauen nach Italien, Holland, Belgien, England, Frankreich, Ungarn, Österreich und in die damalige DDR nach Stalingrad, das heutige Eisenhüttenstadt, führten. „Das hatte neben der Pflege der Kameradschaft und des Zusammengehörigkeitsgefühls freilich einen weiteren Sinn“, wusste der ehemalige Trainer und Vorsitzende Heinz Przybilla Seilbergers Pfiffigkeit wohl zu schätzen: „Die Termine wurden so gelegt, dass die Fahrten in die Wechselfrist fielen. Nach der Rückkehr konnte kein Spieler mehr den Verein verlassen.“

Warum sich Horst Seilberger so lange für die 02er engagiert hat? Der Verein war von Kindesbeinen gerade auch in tristen Zeiten sein Lebenselexier: „Wir waren als junge Fußballbegeisterte froh, als 1945 der Spielbetrieb nach dem Krieg wieder aufgenommen wurde. Mit meinen Freunden Kurt Füll, Lothar Meurer, Otto Reinemer, Josef Schmitt und Herbert Zimmermann war ich bei allen Spielen unseres Klubs in der Landesliga Großhessen – und abends sind wir in die Parklichtspiele und haben uns für 50 Pfennig einen Western angesehen.“ Dank der Blauen, betont er, „hatten wir eine schöne Jugend, die wir nicht missen möchten.“

Die wollte er auch den Jüngeren ermöglichen. Den Lieferwagen der väterlichen Gemüsehandlung funktionierte er mehr als einmal zum Mannschaftstransporter um, wie es der Vater selbst in den 30er Jahren schon gemacht hatte. Und 1957 wurde Seilberger erstmals in den Spielausschuss gewählt: „Eine tolle Zeit war das gemeinsam mit meinem Bruder Günther und Trainer Przybilla.“ Die elf Jahre in der Hessenliga, die erfolgreichste Ära des Vereins mit regelmäßig vierstelligen Zuschauerzahlen und den Derbys gegen die Germania, den SVW und Kastel vor fünf-, sechstausend Besuchern werden ihm natürlich immer in Erinnerung bleiben. „Selbst zum Training kamen damals 150 bis 200 Kibitze“, erinnert sich Seilberger wehmütig. Denn so viele zählt er heute selten genug bei einem Meisterschaftsspiel.

Die Spielernamen gehen ihm von der Zunge, als würdre er sie heute noch Woche für woche auf den Spielberichtsbogen schreiben müssen. „Ich bin stolz darauf, mit allen noch einen freundschaftlichen Kontakt zu haben“, sagt der 72-jährige und freut sich überjede Zusammenkunft der großen Blauen von einst. Nur die früher obligatorische Bergsteigertour – eine Polonaise über Stühle hinweg und unter Tische hindurch – mit der Betreuer Jule Jung den Abschluss der Siegesfeiern weit nach Mitternacht zu inszenieren pflegte, schenken sich die älteren Herren heute. Aber sonst sind sie noch genauso ausdauernd fröhlich wie zu ihrer aktiven Zeit.

Damals mussten die 02-Fußballer noch umherziehen, tagten in der Turnhalle, im Treffpunkt und im Frankfurter Hof. Seilberger rackerte denn auch zielstrebig dafür, den Blauen ein eigenes Dach über dem Kopf zu schaffen. „Es war meine größte Freude, als wir 1977 unser Klubheim eröffnen konnten.“ Eigentlich müsste es Horst-Seilberger-Haus heißen, denn auch nach der Fertigstellung sorgte zunächst vornehmlich er dafür, dass der Laden lief. Und heute zählt das Ehrenmitglied zu den wenigen verbliebenen Dauer-Stammgästen: „Es ist und bleibt nunmal mein zweites Zuhause.“

Heinz Przybilla – der Chef

„Heinz Przybilla war ein Glücksfall für den Biebricher Fußball-Verein“, formulierte es Willi Peuckmann, Ehrenmitglied und einst Kapitän der Hessenliga-Mannschaft: „für uns Spieler war er Respekts- und Vertrauensperson. Er konnte junge Spieler führen, hatte stets ein offenes Ohr für ihre Belange und einen guten Rat“. Der Oberschlesier, der vor und zu Beginn des Krieges in Ratibor dem runden Leder nachgejagt hatte, stellte sein ganzes Leben in den Dienst dieser Sportart. Den vielleicht besten Teil von 1952 an tat er das bei den Blauen. Er, der bis ins Alter nicht nur Theoretiiker war, sondern alles auch vormachen wollte, reagierte geradezu ärgerlich, als die Gesundheit ihn zwang, kürzer zu treten. Zu Beginn des Jahres 2000, nur wenige Tage nach seinem 75. Geburtstag, starb er dennoch für alle völlig überraschend. Für die Blauen, bei denen er noch als Kassenprüfer fungierte, vor allem für seine einstigen Spieler, die bis zum Schluss engen Kontakt zu ihm hielten, war es ein Schock.

Zum 60- und zum 90-jährigen Bestehen des BFV fasste er die erfolgreiche Zeit zusammen, in der er als Trainer und später als Vorsitzender Verantwortung trug. 1992 schrieb er: „Wir sind es den zahlreichen 02ern schuldig, die in jenen Jahren auf dem grünen Rasen und im Vorstand mitgewirkt haben, diese Zeiten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Dankbarkeit und Erinnerung gegenüber Vielen, die nicht mehr unter uns sind, gebietet dies.“ Heute gilt das auch für ihn.

Aus den 13 Trainerjahren Przybillas auf dem Dycherhoff-Sportfeld ragen natürlich die Bezirksmeisterschaft mit dem folgenden Aufstieg in die oberste Amateurklasse 1957 und die Arbeit mit der tollen Mannschaft um Jürgen Grabowski heraus, die 1963/64 in der Hessenliga mit 96 Toren den besten Angriff stellte und die Saison wie ein Jahr zuvor und 1960/61 auf Platz vier abschloss. „Wir haben seinerzeit mit weniger Aufwand, aber mit einer großen Kameradschaft das optimale erreicht“, verabscheute Przybilla jegliches Spektakel, mit dem heute Fußball oft betrieben wird.

Der „Chef“, wie ihn all seine Spieler bis zum Schluss nannten, widmete sich später im Auftrag des Hessischen Fußball-Verbandes der Trainerausbildung und der Nachwuchsförderung. Er, der bei den Blauen 1962 fünf A-Jugendliche mit Erfolg in des Hessenliga-Team integrierte, war 30 Jahre Wiesbadens Kreisjugendwart und seit seiner Gründung Vorsitzender der Trainergemeinschaft. Und doch dachte er stets mit besonderer Freude zurück an die Hochzeit der 02er, holte die gesammelten Bände des längst eingestellten Fußball-Magazins „Der neue Sport“ hervor, las die alten Artikel und zitierte die Überschriften: „Kurstadt-Derby mit Pfeffer und Salz vor 8.000 Zuschauern – Bienbrichs Kreisel auf vollen Touren.“ Mit Stolz erinnerte er an die positive Resonanz, die die Leistung seines Teams bei Verbandssportlehrer Rudi Gellesch fand: „Nicht umsonst gehörten Weber, Grabowski, Klier, Peuckmann, Hassler, Herbig und Völker zum Stamm oder engeren Kreis der Hessenauswahl.“

Die Spieler wussten es Przybilla zu danken. Der langjährige Spielführer Willi Peuckmann scharte die Mannschaft immer wieder um den einstigen Coach, und Weltmeister Jürgen Grabowski vergaß trotz seiner großen Erfolge und der zahlreichen mamhaften Trainer, denen er im Laufe seiner Profi-Karriere begegnet ist, nie seinen ersten Lehrmeister in Biebrich: „Fünf 18-jährige in eine Mannschaft einzubauen, dazu braucht man Mut. Heinz Przybilla hatte diesen Mut. Er hatte außerdem Fußballverstand, Durchblick und Autorität. Als Trainer war er echt superund nicht umsonst für uns alle der Chef. Ich verdanke ihm sehr viel. Er hat mich gefördert, mir auch schwächere Spiele zugestanden und mir nie den Spaß am Fußball genommen. Er hat fünf junge Spieler in eine intakte Mannschaft integriert und mir die Möglichkeit gegeben, Fußballerisch zu reifen.“

Lothar Meurer – weltläufig und heimatverbunden

Er hat neben Jürgen Grabowski den Namen Biebrich 02 in die Fußballwelt getragen: Lothar Meurer, über Jahre Generalsekretär des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL) und weit über das normale Pensionsalter hinaus der von ihm aufgebauten und groß gemachten Union Europäischer Fußball-Trainer (UEFT), erzählt allenthalben bei den zahlreichen nationalen Kongressen und Symposien, wo er seine Heimat hat: „Meurer, Biebrich 02.“ Auch wenn er es nun in seinem 72. Lebensjahr langsam etwas ruhiger angehen lässt – wenn er um den Globus jettet, führt er den Namen seines Vereins und seiner Stadt im Munde: „Ich bin einer vom echten, alten Rheinadel.“

Seit 62 Jahren Mitglied der Blauen, Spieler bis in die erste Mannschaft, aktiv auch an der Seitenlinie und im Vorstand, ist er heute noch dankbar, das der Verein ihm und seinen Altersgenossen in schwieriger Zeit Heimat gewesen ist. Und die Blauen hätten auch ihnen damals schon dazu verholfen, anständige Menschen zu werden: „Jugendleiter- und betreuer wie Heinz Kaiser, Jule Jung, Günter Seolberger und andere vermittelten uns Jungen wunderbare Faktoren wie Sportsgeist, Freundschaft, Fairness, Achtung vor dem Gegner, Toleranz und Aufrichtigkeit; Tugenden, die mein ganzes Leben prägten, denn ich betrachte mich als jemand, der die Regeln achtet – Regeln, die für den Sport wie für das Leben gelten.“ Nie habe er die Werte aus seiner 02-Lehrzeit vergessen: „Und ich konnte sie über Jahrzehnte weitergeben an viele, viele junge Trainer.

Für ihn, der sich zunächst journalistisch betätigte und einige Trainerstationen bei heimischen Vereinen durchlief, wurde das geliebte Hobby zum Beruf. 1969 machte ihn Jupp Derwall zum „General“ der deutschen Fußball-Lehrer. Und er hat sich um die Sache der Trainer nicht nur im eigenen Land, sondern auf dem ganzen Kontinent verdient gemacht. Bei der UEFT-Gründungsversammlung 1980 in Wien nahmen gerade acht Nationen teil. Jetzt zählt die Union 35 Mitgliedsverbände. Lothar Meurer, der ausgefuchste Organisator, kundige Referent und launige Festredner hat heute Freunde in allen Erdteilen, diskutiert mit den internationalen Experten des runden Leders auf Du und Du.

Er hat den Blauen als Erster vorgelebt, dass politische Grenzen, Probleme durch unterschiedliche Herkunft, Sprache und Religion bei gutem Willen und mit Hilfe des Fußballs durchaus überwindbar sind. Seine unzähligen Reisen, der Sport, seine Kontakte zu viel jüngeren Kollegen haben ihn körperlich fit und geistig frisch gehalten. Meurers Weltläufigkeit sticht heraus in Biebrich und stößt durchaus auch auf Bewunderung, wenn er so herrlich von seinen Begegnungen mit den Großen des Geschäfts plaudert. Bei alledem spürt aber jeder die treue Verbundenheit, die ihn immer wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückführt. Man glaubt es ihm, wenn er sagt: „Ich bin stolz darauf, Mitglied des Biebricher Fußball-Vereins zu sein.“

Heinz-Jürgen Hauzel

Die blaue Familie

Die Geschichte des Biebricher Fußballvereins ist auch eine Geschichte der Familien. Väter, die sich engagieren, solange der Sohn in 02-Mannschaften kickt, gab und gibt es in großer Zahl. Aber auch darüber hinaus, quasi ohne eine derartigen „Verpflichtung“ fühlten und fühlen sich Familien über Genrationen den Blauen verbunden. Christian Kraus, der Vater des so talentierten Christel, der in den 30er Jahren schon im Notizbuch von Reichstrainer Sepp Herberger stand und im Krieg fiel, wurde 1946 in schwierigster Zeit für zwei Jahre Vorsitzender, wurde Ehrenmitglied und engagierte sich 1952 im Jubiläums-Festausschuss.

Jürgen Kraft, nach seinem Wechsel von Biebrich 19 seit über einem Jahrzehnt Spielausschuss-Vorsitzender, spannt die ganze Verwandschaft ein, wennes darum geht, die Reserve zu besetzen oder das Klubheim zu renovieren. Sohn Thorsten hat sich aus der Jugend über die zweite in die erste Mannschaft gespielt, zählte bei den zahlreichen Umbrüchen des letzten Jahrzehnts zu den wesentlichen stabilisierenden Elementen. Er ist mittlerweile dienstältester Spieler – gemeinsam mit Kapitän Kurt Migge, dessen Bruder Jürgen nach seinen tollen Torwartjahren als Vorstandsmitglied, Trainer und Festorganisator bis zu diesem Tag einer der wichtigsten Stützen des Vereins ist. Und Vater Kurt Migge, der als aktiver Fußballer seine große Zeit bei der Wiesbadener Germania erlebte, greift den Blauen regelmäßig mit Geld- und Sachspenden unter die Arme. Werner Kuhn, dessen Erika in den ersten Jahren zu den guten Geistern im neuen Vereinsheim zählte, und Schwager Günter Busse sitzen gemeinsam im Vorstand. Für handwerkliche Arbeiten im Klubheim oder für die großen 02-Feste muss der ganze Nordenstadter Clan mit ran. Drei Brüder Tobies spielten zeitweise für die Blauen, während Schwester Walli an der Kasse oder hinterm Tresen stand, bediente und Sekt schlürfte. „Beppo“ kickt bei den Alten Herren, Klaus manchmal sogar noch in der Reserve – und vor allem arbeitet der Vorstandsbeisitzer seit 23 Jahren im Jugendausschuss, war zuletzt mit seiner tollen D-Jugend der erfolgreichste Trainer im Verein.

So gibt es viele Beispiele, aber die blaue Ur-Familie sind die Seilbergers mit gleich drei Ehrenmitgliedern. Opa Karl war schon 1902 oder 1903 eingetreten und zählte zu den ersten Mitgliedern. Auch der Vater Wilhelm gehörte zu den ganz frühen 02ern und blieb dem Verein treu bis zu seinem Tod 1994. Günther arbeitete gleich nach dem Krieg als Jugendbetreuer mit und gestaltete als Spielausschuss-Vorsitzender die erfolgreichsten Jahre der Biebricher Fußballer in der Hessenliga entscheidend mit. Bruder Horst unterstützte ihn, blieb dann aber auch in den Zeiten des Niedergangs engagiert, wurde 1969 zweiter Vorsitzender und gehörte dank seiner pragmatischen Finanzpolitik zusammen mit Horst Klee zu den Bewahrern der Eigenständigkeit des Klubs. Gemeinsam mit seiner Frau Inge, die nicht nur im „Treffpunkt“ in der Hopfgartenstraße sofort jeden in ihr großes Herz schloss, der sich als Blauer zu erkennen gab, trug er maßgeblich zur familiären Atmosphäre des neuen BFV bei. Und dieses Klima war es vor allem, das das Fortbestehen sicherte, weil es Mitglieder zu Mitarbeitern machte und ehrenamtliche Helfer zum dauerhaften Weitermachen bewog.

Vier Generationen der Laufs haben sich in die 02 eingebracht. Balthasar gehörte zum Jugendausschuss, als sein Sohn Günter 1948 eintrat und in den schon damals erfolgreichen BFV-Nachwuchsmannschaften kickte. Und Günter engagierte sich für die Jugend, als Filius Michael zu Beginn der 70er Jahre ins blaue Trikot schlüpfte. Micki, wie ihn alle bis heute nennen, war ein ganz großes Talent, ein herausragender Techniker. Er stand in der Meistermannschaft, erzielte im Kelsterbacher Entscheidungsspiel den Siegtreffer, der 1980 den Aufstieg in die Landesliga besiegelte und war dort über Jahre eine feste Größe, ehe er bei Viktoria Sindlingen den Sprung in die Oberliga wagte. Längst ist er wieder daheim am Dyckerhoff-Sportfeld, wo er mit seinen einstigen Mitstreitern aus den frühen 80er Jahren die in Wiesbaden über lange Zeit erfolgreichste Alt-Herren-Riege bildete. Die Oldies der Blauen eilten auf dem Platz und bei Hallenturnieren von Sieg zu Sieg. Aktiv und Spielstark sind sie immer noch, doch macht es sich natürlich bemerkbar, wenn sie heute gegen zum Teil erheblich jüngere Teams antreten müssen. Stefan hat das Talent von Papa und Opa geerbt, aber – zumindest im Augenblick – nicht so ganz die Begeisterung fürs regelmäßige Training und fürs Spiel.

Bernd Deider, 1973 Kreismeister mit der Biebricher A-Jugend, dann weit über ein Jahrzehnt als Dauerläufer und Dauerbrenner Stammspieler der ersten Mannschaft, ist nach dem Umzug seines Weggefährten Wolfgang Schardt nach Ludwigshafen der Chef der Alten Herren. Seine Söhne kicken von klein auf in den 02-Nachwuchsteams. Der jüngere Sven gilt als ganz großes Talent, gewann in der ersten Saison des neuen Jahrtausends mit der D-Jugend alle Titel, die zu vergeben waren. Dennis ist nicht nur aktiver Jugendspieler, er hilft auch bereits, Fußball zu organisieren. Mit seinem Freund Stefan Lauf bildete er schon früh die Turnierleitung bei Biebricher AH-Meetings, wenn sich die eigenen Väter unten auf dem Hallenparkett austobten. Auch den Nostalgiecup der Wiesbadener Traditionsmannschaften bringen die beiden regelmäßig über die Bühne.

Die Familie mit den meisten 02-Mitgliedern heißt freilich Weiß. Kein Weiß, der nicht ein Blauer wäre. Ilona ist im Vorstand für die Bewirtschaftung des Klubheims verantwortlich. Harald ist nicht nur in der „Gud Stubb“ des Vereins und bei den Veranstaltungen wie Mosburgfest, Blaue Nacht und den Turnieren unersetzbares „Mädchen für alles“. Er wirkt auch seit Jahren im Jugendausschuss, springt trotz seines Schichtdienstes immer dort ein, wo er gebraucht wird – und sei es als Linienrichter und Wasserträger der Reserve. Dort spielt auch Sohn Andreas, während Christopher – bereits mit manchem Titel geschmückt – inzwischen in die B-Jugend aufgerückt ist. Patricia und selbst „Nesthäkchen“ Katharina helfen im Klubheim. „So sparen sie sich daheim eine größere Wohnung“, ulken Spötter – aber wenn man`s richtig betrachtet, bleibt nur eins zu sagen: Von solchen Familien müsste es mehr geben.

Heinz-Jürgen Hauzel

Folgende Texte und Aufsätze stammen aus der Festschrift, die zum zum 100-jährigen Bestehen des Vereins herausgegeben wurde.

Grußwort

Wenn man sieht, welche Anziehungskraft die Fußballspiele der Bundesligen Woche für Woche ausüben und welche Beachtung große Tuniere mit Spitzenleistungen weltweit genießen, dann muss man sich auch bewusst werden, dass der Grundstock dafür in jedem einzelnen Fußballverein gelegt wird. Denn Spitzensport ist ohne Breitensport nicht möglich. Und zu den zahlreichen Vereinen unseres Landes, die so vielen sportbegeisterten Menschen jeden Alters und jeder Leistungsklasse die Möglichkeit geben, die „schönste Nebensache der Welt“ selbst aktiv zu genießen, gehört auch der Biebricher Fußballverein 02, der jetzt sei 100-jähriges Bestehen feiern kann.Ihm und allen seinen Mitgliedern gelten meine herzlichen Grüße.

Waren es im Verein anfangs überwiegend junge Burschen, die sich in ihrer Freizeit für den Mannschaftssport Fußball als Abwechslung zue täglichen Arbeit in den Werkshallen begeisterten, so sind es inzwischen längst angehörige aller Berufsgruppen, die intensiv den Fußballsport betreiben.

Besonders freue ich mich über die beachtenswerte und erfolgreiche Jugendarbeit bei Biebrich 02. Denn mit über 260 Nachwuchsspielern in 13 Mannschaften verfügt er über die größte Jugendabteilung in unserer Landeshauptstadt. Außerdem leistet der Verein einen wichtigen und großartigen Beitrag zur Integration. 63 Prozent der hier aktiven Jugendlichen sind fremdländischer Herkunft, die sich hier im sportlichen Wettstreit im Spiel um Punkte und Tore mit deutschen Jugendlichen zu einer Gemeinschaft zusammenfinden und Freundschaften über alle Grenzen hinaus entstehen lassen.

All das zeigt, wie wichtig und wertvoll die Vereine für unsere Gesellschaft und unsere Zukunft sind. Deshalb danke ich an dieser Stelle allen, die sich aktiv in der ehrenamtlichen Arbeit des Vereins engagieren. Denn anders wären solche Leistungen nicht möglich.

Allen Aktiven wünsche ich für die Zukunft weiterhin sportlichen Erfolg, den vielfältigen Veranstaltungen einen guten Verlauf und allen Besuchern bei den Jubiläumsfeierlichkeiten viele frohe und unbeschwerte Stunden.

Roland Koch, Hessischer Ministerpräsident

Sport spricht alle Sprachen

Im Namen des Präsidiums des Deutschen Sportbundes übermittele ich dem Fußballverein Biebrich 02 die besten Glückwünsche zum 100-jährigen Bestehen. Der FV Biebrich zählt 580 Mitglieder, darunter sind 60 Prozent Kinder und Jugendliche. Und wiederum 63 Prozent von diesen sind junge Ausländer, die bei dem Jubiläumsverein ihre sportliche Heimat, aber auch Freunde und Partner gefunden haben. Hier zeigt sich deutlich: Sport spricht alle Sprachen, und hier wird einmal mehr der Beweis erbracht: Die Sportvereine sind in unserer Gesellschaft längst der Integrationsfaktor Nummer eins. Die Aktivitäten des Jubiläumsvereins bringen zum Ausdruck, dass – allen Unkenrufen zum Trotz – der Slogan des Deutschen Sportbundes „Für alle ein Gewinn“ seine Richtigkeit hat.

Nicht vergessen werden dürfen gerade bei einem Jubiläumsfest, bei dem der Blick zurück und nach vorn gerichtet wird, die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mithelfen, dass eine Gemeinschaft wie die des Biebricher Fußballvereins überhaupt existieren kann. Diese Menschen engagieren sich an einer wichtigen Stelle in unserer Gesellschaft, und ihnen gebührt unser besonderer Dank.

Ich wünsche dem Jubiläumsjahr mit dem interessanten Veranstaltungsprogramm einen guten Verlauf, verbunden mit der Hoffnung, dass die vielfältigen Zukunftsaufgaben in unserer immer schnelllebiger und hektischer werdenden Zeit mit Optimismus angepackt und auch gemeistert werden können.

Manfred von Richthofen, Präsident des Deutschen Sportbundes

Grußwort

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Fußballfreunde,
zum 100-jährigen Bestehen des Fußballvereins Biebrich 1902 e.V. übersende ich Ihnen meine herzlichsten Grüße und Glückwünsche.

Ich bin davon überzeugt, dass die rührigen Organisatoren diesen runden Geburtstag durch ein festliches Programm zu einer runden Sache machen. Ein Blick auf den Veranstaltungskalender der „Blauen“ im Jahr 2002 zeigt, dass das bevorstehende Jubiläum in Biebrich von Januar bis Dezember gebührend gefeiert wird. Ein solches Jubiläum ist jedoch nicht nur ein Grund zum Feiern, sondern gibt auch Anlass für einen nachdenklichen Rückblick.

100 Jahre FV Biebrich – ein wirklich stolzes Jubiläum. Am 10. November 1902 wurde der heutige Fußballverein als „Biebricher Fußball-Club 02“ gegründet, zum ersten „Präsidenten“ wurde Heinrich Schwalbach gewählt. Elf Jahre später, genau am 7. April 1913, entschied eine Jahreshauptversammlung die Umbenennung zum „Biebricher Fußball-Verein 02“, der bis heute geblieben ist und in der Bezirksoberliga Wiesbaden auf Punktejagd geht.

Der Verein hat seiner Geschichte manche Krise unserer Zeit überdauert, darunter auch zwei schreckliche Kriege. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges konnte der Sport vielen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland neuen Mut und neue Hoffnung verleihen. Dazu trug der Fußball in ganz besonderem Maße bei. Denken wir nur an die riesige Begeisterung, die der erste deutsche Weltmeistertitel 1954 durch Fritz Walter und seine Kameraden im Bremer Wankdorf-Stadion hervorrief.

In all den Jahren haben sich die Zeiten und Verhältnisse enorm gewandelt. Unverändert groß geblieben ist aber bis zum heutigen Tag die Bedeutung der Sport- und Fußballvereine. Mein Dank gilt daher an dieser Stelle den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern – auch denen des FV Biebrich 02. Nur dank solch vorbildlicher Tätigkeit und durch diesen unermüdlichen Einsatz ist ein intaktes Vereinsleben möglich. Von diesem großartigen Engagement, liebe Sportfreunde, profitieren vor allem auch die Jugendlichen, deren Förderung auf allen Ebenen uns stets am Herzen liegen muss. Auf seine vorbildliche Jugendarbeit ist der Fußballverein Biebrich ganz besonders stolz, ging doch aus ihr unter anderem Jürgen Grabowski hervor, der 44 Länderspiele für die deutsche Nationalmannschaft bestritt und 1974 zu Helmut Schöns Weltmeister-Team zählte. Darüber hinaus werden die „Blauen“ seit vielen Jahren von ihrem Ehrenmitglied Lothar Meurer, Generalsekretär der Union Europäischer Fußballtrainer, präsentiert.

Allen Vereinsmitgliedern und natürlich auch allen Gästen wünsche ich bei dem sehr umfangreichen und attraktiven Festprogramm gute Unterhaltung, den Mannschaften und jedem einzelnen Aktiven des FV Biebrich 02 e.V. für die Zukunft viel Erfolg!

Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes

Grußwort

Der Fußballverein Biebrich e.V., gegründet 1902, feiert sein 100-jähriges Bestehen. Der Verein ist der mitgliederstärkste Fußballverein in Wiesbaden mit der größten Jugendabteilung und dem höchsten Ausländeranteil. Rund 520 Mitglieder machen überaus deutlich, dass der Verein nach 100-jähriger Geschichte zu einem aktiven Mitglied der modernen Sportbewegung geworden ist, der unersetzbare sozial- und jugendpolitische und gesundheitpolitische Arbeit in der Gesellschaft leistet.

Zu diesem Jubiläum, aber auch zu der in den vergangenen Jahren geleisteten Arbeit möchte ich dem Verein im Namen der Hessischen Landesregierung, aber auch persönlich als Sportminister unseres Landes, sehr herzlich gratulieren.

In der großen Familie des Sports sollte jeder Platz finden, ohne Ansehen seiner Herkunft, seiner Stellung oder seines Berufes. Im Biebricher Fußballverein ist dies Wirklichkeit und auch Selbstverständlichkeit geworden, ganz nach dem Grundsatz „Der Sportverein als Sozialpartner im Stadtteil“. Seit vielen Jahren ist der Verein für seine beispielhaften Integrationsbemühungen im Stadtteil Biebrich bekannt. Die Bedeutung des Clubs für das Zusammenleben in Biebrich ist unbestritten. Neben der Organisation des Spiel- und Trainingsbetriebs für 17 Mannschaften werden Fahrten und Tuniere organisiert, bei denen sich Nachwuchsfußballer aus allen Regionen und Ländern kennenlernen. Seit 1980 wird regelmäßig ein internationales C-Jugendtunier ausgetragen. Im Zweijahresrhythmus treffen sich 300 12 bis 14-jährige Fußballer aus verschiedenen Ländern zum sportlichen Wettstreit auf dem Dyckerhoff – Sportfeld. Es ist und bleibt Programm des Vereins, durch diese sportlichen Aktivitäten einen erheblichen Beitrag zu leisten, Jugendliche zu stärken, zu stützen und auch zu schützen. Neben diesen besonderen Aktivitäten tragen die Trainingsarbeit, der Spielbetrieb, die Betreuung der Kinder, der Jugendlichen, der aktiven und passiven Mitglieder dazubei, dass sich die Vereinsmitglieder in Biebrich heimisch und wohlfühlen.

Hinter diesen Leistungen stehen zahlreiche Männer und Frauen, die durch ihr ehrenamtliches Engagement den Verein mit Leben erfüllen. Ihnen gilt mein Dank dafür, dass sie in ihrem Verein Verantwortung tragen und dadurch diese Vereinsarbeit erst ermöglichen.

100 Jahre Vereinsgeschichte sind eine stolze Bilanz. Aber sie sind auch zugleich eine Herausforderung, die bewährte und erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Dazu wünsche ich dem Verein in erster Linie viele engagierte Mitstreiterinnen und Mitstreiter, so dass er auch in Zukunft ein lebendiges Mitglied in der Wiesbadener Vereinsfamilie bleibt, an der Gestaltung des Sports in der Landeshauptstadt mitwirken und zum friedlichen Zusammenleben im Stadtteil Biebrich beitragen kann.

Volker Bouffier, Hessischer Minister des Innern und für Sport

Sinnbild für Kontinuität und Qualität

Der Berufung in den Ehrenausschuss zum Jubiläum des Biebricher Fußballvereins 02 e.V.: komme ich gerne nach. Der Biebricher Fußballverein ist ein Beispiel dafür, wie man erfolgreich sowohl den sportlichen wie den sozialen Bedürfnissen aller Bürger gerecht werden kann. Durch alle Höhen und Tiefen der vergangenen 100 Jahre hinweg ist es dem Verien seit seiner Gründung am 10. November 1902 gelungen, den Biebrichern ein kontinuierliches fußballerisches Angebot zu bieten, welches lediglich während der Weltkriege eine kurze Unterbrechung erfuhr. Aber auch gerade in solch schweren Zeiten zeigte sich immer wieder, was den Biebricher Fußballverein heute noch auszeichnet. Er ist fest verwurzelt im gesellschaftlichen Leben Biebrichs. Seit 14 Jahren kümmert sich auch ein Freundeskreis um die kleinen und großen meist finanziellen Probleme. Dies zeigt, wie wichtig der Verein für die Bürger ist. Mittelpunkt des Vereinslebens mit einer Vielzahl von öffentlichen und privaten Veranstaltungen ist das Vereinsheim, das praktisch ohne öffentliche Zuschüsse überwiegend in Eigenleistung errichtet wurde. Ich freue mich, dass mit dem Biebricher Fußballverein eine Institution dieses Jubiläum begehen kann, die immer bemüht war und ist, durch eigene Ideen und Initiativen zu helfen.

Doch nicht nur in Biebrich, sondern auch in der vielfältigen Sportpalette der gesamten Landeshauptstadt Wiesbaden spielen die „Blauen“ eine wichtige Rolle und sind Sinnbild für Kontinuität und Qualität.

Besonders hervorzuheben ist die ausgezeichnete Jugendarbeit. Eine Vielzahl von Mannschaften von der F- bis zur A-Jugend nehmen am Spielbetrieb teil, was einen erheblichen Aufwand an ehrenamtlichem Engagement in der Betreuung mit sich bringt. Gerade in Biebrich ist die Integration junger Menschen von ganz erheblicher Bedeutung, da ein erheblicher Anteil aus Jugendlichen der unterschiedlichsten Nationen besteht und durch die Arbeit des Vereins ein Gemeinschaftssinn entwickelt wird, der vorbildlich ist.

Ich wünsche dem Biebricher Fußballverein 02 für die Zukunft die gewünschten Erfolge im sportlichen wie im sozialen Bereich und der Vereinsführung stets eine glückliche Hand, allen Widrigkeiten erfolgreich entgegenwirken zu können.

Karlheinz Weimar, Hessischer Minister der Finanzen

Dieser Verein bietet eine Heimat

Im Namen des Präsidiums des Landessportbundes Hessen gratuliere ich dem Biebricher Fußballverein 02 zum 100-jährigen Bestehen recht herzlich.

Der Verein hat in den vergangenen Jahrzehnten beispielhaft bewiesen, dass Sport die Menschen verbindet und ihnen Gemeinschaft und Gemeinsamkeit vermittelt.

Dabei bietet er der Bevölkerung seit 1902 mehr als nur ein sportliches Angebot. Er öffnet sich für all diejenigen, die den sportlichen Gedanken leben und erleben wollen. Er bietet eine Heimat.

Der Biebricher Fußballverein stellt sich heute als eine Gemeinschaft dar, die den sportlichen uns sozialen Bedürfnissen ihrer Mitglieder entgegenkommt und eine weite Palette von Übungs-, Wettkampfmöglichkeiten und Betreuungsangeboten bietet.

Ich wünsche dem Fußballverein Biebrich e.V. auf seinem weiteren Weg alles Gute und den Jubiläumsfeierlichkeiten einen harmonischen Verlauf.

Dr. Rolf Müller, Präsident des Landessportbundes Hessen

Mein herzlicher Gruß gilt dem Vorstand und allen Mitgliedern des Biebricher Fußballvereins 02, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiern kann.

Die Sportvereine haben in unserer Gesellschaft eine besondere Bedeutung: Sie geben nicht nur dem Einzelnen Gelegenheit, sich körperlich zu betätigen, sondern sie sind auch soziale Zentren menschlicher Beziehungen. Der FV Biebrich 02 ist hierfür geradezu ein Paradebeispiel: Hier bieten erfolgreiche Sportler in der Berzirksoberliga lokalen Spitzensport und in einer ganzen Anzahl von Jugendmannschaften wachsen hoffnungsvolle Talente heran, die in den unterschiedlichsten Klassen spielen. Die „Blauen“ haben im Fußball einen Namen: Nicht nur wegen ihres herausragenden Engagements für die Kinder und Jugendlichen. Was hier an Integrations- und Nachwuchsarbeit geleistet wird, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden – und darauf können Vorstand, Trainer und Betreuer sehr stolz sein.

Dem Wunsch des Organisationsteams dem Ehrenausschuss beizutreten und ein Grußwort zu schreiben, bin ich gerne nachgekommen. Vor allem deshalb, weil mir damit Gelegenheit gegeben wird, all denen ein herzliches „Dankeschön“ zu sagen, die in der Vergangenheit bereit waren oder augenblicklich sind, außerhalb des Vereins Verantwortung zu übernehmen. Die kontinuierliche Vereinsarbeit der letzten Jahrzehnte lassen den Schluss zu, dass der FV Biebrich 02 hoffnungsfroh in die Zukunft sehen kann, weil er über viele Mitglieder verfügt, die einfach da sind, wenn sie gebraucht werden. Das ist nicht selbstverständlich, aber ein sicheres Zeichen für die hohe Akzeptanz der „Blauen“ in der Bevölkerung.

Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Zukunft!

Hildebrand Diehl, Oberbürgermeister

Ein nachahmenswertes Beispiel

Liebe Fußballfreunde,
der Hessische Fußball-Verband gratuliert dem Fußballverein Biebrich 02 herzlich zu seinem 100-jährigen Bestehen.

Der Fußballsport ist trotz des Aufkommens zahlreicher Trendsportarten in Deutschland nach wie vor die führende und von der breiten Öffentlichkeit am meisten beachtete Sportart. Maßgeblich dazu beigetragen hat – neben der Anziehungskraft des Spitzenfußballs – die unermüdliche Aufbauarbeit in den vielen Amateurvereinen des HFV und den anderen 20 Landesverbänden des Deutschen Fußball-Bundes.

Der Fußball kann seine Stellung als Sportart Nummer eins allerdings nur dann erhalten, wenn es uns auch in Zukunft gelingen wird, Kinder und Jugendliche dafür zu begeistern. Hier geht der FV Biebrich 02 mit nachahmenswertem Beispiel voran und leistet gleichzeitig ein gutes Stück Erziehung zum Gemeinschaftsdenken und zum Fairplay.

Eine weitere zentrale Aufgabe der Vereinsarbeit ist das Ehrenamt. Fest steht: Eine so langjährige Vereinsgeschichte wie die Ihre wäre nicht denkbar ohne das eigennützige Wirken vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter, die einen großen Teil ihrer Freizeit und persönlichen Interessen hintenanstellen. Mein besonderer Dank in unserer leider immer mehr von Egoismus geprägten zeit gilt jenen, die durch ihren ehrenamtlichen Einsatz dazu beitragen, dass ihr Verein seine sportlichen und gesellschaftspolitischen Aufgaben erfüllen kann.

In der Hoffnung, dass sich stets Sportkameraden finden mögen, die zu einem ehrenamtlichen Einsatz für ihren Verein bereit sind, wünsche ich dem Biebricher Fußballverein 02 für seine künftigen Aufgaben alles Gute und seinen Jubiläumsfeierlichkeiten einen erfolgreichen und harmonischen Verlauf.

Rolf Hocke, Präsident des Hessischen Fußball-Verbandes

Eine große positive Ausnahme

Im Namen des Kreisfußballausschusses Wiesbaden darf ich dem FV Biebrich 02 zum 100-jährigen Bestehen die herzlichsten Glückwünsche aussprechen. Die „Blauen“ sind eine feste größe nicht nur im Wiesbadener Fußballgeschehen. Gerne erinnert man sich an die erfolgreichen Zeiten in den 50er und 60er Jahren zurück. Damals war der Biebricher Fußballverein 1902 eine der stärksten Mannschaften in der Hessenliga. Als ehemaliger Spieler verbindet mich noch heute Freundschaft mit vielen Biebricher Sportkameraden.

Wie viele andere Vereine hatte der FV Biebrich 02 im Laufe seiner Geschichte neben vielen Höhen auch einige Rückschläge zu verkraften. Aber es fanden sich immer wieder Mitstreiter, die in schwierigen Zeiten Verantwortung übernahmen. Besonders Stolz darf der FV Biebrich 02 auf seine Beständigkeit sein. Hierbei sind drei Schwerpunkte besonders hervorzuheben:

– ein wesentlicher Teil der Vorstandsmitglieder leitet seit über zwanzig Jahren die Geschicke des Vereins. In der heutigen Gesellschaft eine große positive Ausnahme von der Regel.

– Die Jugendlichenin der Breite und Spitze nimmt ebenfalls seit vielen Jahren eine herausragende Stellung innerhalb der Wiesbadener Nachwuchsförderung ein. Hierbei verdient die Integration von ausländischen Jugendlichen in dem von der Industrie geprägten Stadtteil Biebrich eine besondere Erwähnung.

– Auch die Zielsetzungen des Vereins dürfen durchaus für einige zur Nachahmung empfohlen werden. Nicht der schnelle und einseitige Erfolg steht im Mittelpunkt der Vereinsarbeit, sondern der kontinuierliche Aufbau. Sportlicher Erfolg ja, aber eben nicht um jeden Preis.

In diesem Sinne wünsche ich dem Biebricher Fußballverein 02 alles Gute und weiterhin ein erfolgreiches Wirken.

Helmut Herrmann, Kreisfußballwart

Die Blauen – eine Biebricher Institution

Die Blauen werden 100 Jahre alt! Ich gratuliere dem Verein im Namen des Ortsbeirates ganz herzlich zu diesem schönen Jubiläum und wünsche weiterhin alles Gute, sportliche Erfolge und ein aktives und reges Vereinsleben.

Unser Stadtbild verdankt dem Fußballverein Biebrich 02 sehr viel. Er bietet seinen Mitgliedern, von den Kindern und Jugendlichen angefangen bis zu den Alten Herren, in einer bewegungsarmen Zeit nicht nur körperliche Ertüchtigung und Gesundheitsvorsorge, er vermittelt zudem über den Sport Lebenserfahrungen und Verhaltensweisen, Freundschaften und soziale Kontakte. Das Vereinsleben schließt auch die mit ein, die Fußball nicht oder nicht mehr aktiv betreiben.

Die Blauen sind über die 100 Jahre ihrer Geschichte eine Biebricher Institution geworden, der wir Respekt, Anerkennung und Dank schulden für guten Sport, für die Betreuung unserer Kinder und ihrer Erziehung zu Fairness sowie für viele Beiträge zum gesellschaftlichen Leben in unserem Stadtteil.

Wenn der Verein im einhundertsten Jahr seines Bestehens so große Anerkennung genießt, dann verdankt er das natürlich den Aktiven, die für die sportlichen Erfolge gesorgt haben, aber auch den Funktionären und treuen Mitgliedern, die hinter den Kulissen den Verein mit Rat, Tat, Zeit und Geld unterstützt haben und unterstützen und die dem Verein auch in schwierigen Zeiten immer die Treue gehalten haben. Es spricht für den Verein, wenn sich ihm so Viele verbunden fühlen.

Ich gratuliere, danke und wünsche dem Biebricher Fußballverein weiterhin alles Gute.

Kuno Hahn, Ortsvorsteher

Vorbildlich

Viele herausragende sportliche Erfolge sind mit dem Namen des Biebricher Fußballvereins 02 verbunden.

Dem Klub, der im Jahre 2002 100 Jahre besteht und sich ausschließlich dem Fußball verschrieben hat, kann man zu seiner Vorbildfunktion nur beglückwünschen.

Wenn man sich Vereinsmanen wie Schalke 04, Mainz 05, Kastel 06, Schierstein 08, Wattenscheid 09 betrachtet, muss man feststellen, dass der Fußballverein Biebrich 02 auch zu den Pionieren des Deutschen Fußballs zu zählen ist. Und die Blauen haben deutsche Fußballgeschichte mitgeschrieben. Schon in den dreißiger Jahren gehörte Christel Kraus zum Herberger-Kader der Nationalmannschaft, Gerd Klier war später Amateurnationalspieler, und Jürgen Grabowski wurde 1974 mit der deutschen Fußballnationalmannschaft Weltmeister. Begegnungen der 02er auf dem Dyckerhoff-Sportfeld gegen Darmstadt 98 oder den Sportverein Wiesbaden mit über 5000 Zuschauern gehörten zu den großen Erfolgen des Vereins.

Hervorzuheben ist auch die ausgezeichnete Jugendarbeit, für die nun schon seit 25 Jahren Hartmut Steindorf verantwortlich zeichnet. Mit mehr als 250 Jugendspielern, davon 170 junge Menschen ausländischer Abstammung, gehört die Nachwuchsarbeit des Fußballvereins Biebrich 02 zu der erfolgreichsten in der Landeshauptstadt Wiesbaden und hat mit ihren zahlreichen Tunieren und Reisen auch ins Ausland zur Völkerverständigung beigetragen.

Vorstand und Trainer haben es über lange Zeit der Vereingeschichte verstanden, die gesellschaftlichen Strömungen zu erfassen, mit der Zeit zu gehen und offen zu sein für neue Gedanken. Dass die erste Fußballmannschaft in der Berzirks-Oberliga spielt ist ein Beleg dafür, dass der Fußballverein Biebrich 02 in seiner Zeit der Fußballpleiten, Skandale und negativen Schlagzeilen ruhig und kontinuierlich die selbstgestellten Aufgaben angegangen ist.

Eine der wesentlichen Grundsätze des Vereinsvorsitzenden Horst Klee, der diese Amt schon 31 Jahre mit Umsicht führt, seines Stellvertreters Heinz-Jürgen Hauzel und von Schatzmeister Werner Kuhn heißt: „Wir geben nur das aus, was wir finanziell haben, denn der Gesamtverein mit über 500 Mitgliedern ist für das soziale und gesellschaftliche Gefüge in unserem Stadtteil Biebrich vo viel zu großer Bedeutung, als dass wir seine Existenz durch waghalsige Finanzmanöver leichtfertig aufs Spiel setzen würden.“

Der Fußballverein Biebrich 02, der sich vor 25 Jahren unter der Federführung von Rainer Winkler und Horst Seilberger ein schmuckes Vereinsheim für seine Mitglieder als Stätte der Begegnung geschaffen hat, wirkt auch gesellschaftlich in unseren Stadtteil Biebrich. Die „Blaue Nacht“, die Teilnahme an den Mosburgfesten, die Hallentuniere, die Begegnungen mit unserer Freundschaftsstadt Glarus in der Schweiz sind auch sozialpolitische Aufgaben, die man gar nicht hoch genug bewerten kann.

Dank und Anerkennung gebührt im Jubiläumsjahr allen, die sich ehrenamtlich selbstlos und uneigennützig über all die Jahrzehnte hinaus in den Dienst des Vereins gestellt, ihn unterstützt, gefördert, getragen und somit das Fußballspielen hier ermöglicht haben.

Zum 100-jährigen Bestehen gratulieren wir, der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft mit seinen 102 Vereinen und Verbänden, den Blauen ganz herzlich und wünschen den Jubiläumsveranstaltungen einen guten Verlauf, dem Verein für die Zukunft sportbegeisterten Nachwuchs sowie Frauen und Männer, die sich im Fußballverein Biebrich 02 engagieren.

Günter Noerpel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Biebricher Vereine und Verbände

Wir feiern ein stolzes Jubiläum, welches Anlass zu Freude und Dank ist.

Anlass zur Freude, weil wir es verstanden haben, trotz den Wirnissen der Zeit Anlaufstelle für Generationen von jungen Menschen zu sein, die selbst gewählte Sportart auszuüben und viele Eigenschaften und Tugenden für das spätere Leben zu lernen und zu pflegen.

Dank an alle die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Jahrzehnte die Voraussetzungen geschaffen und erhalten haben, dass Biebrich 02 so alt werden konnte.

Dank auch an die vielen Menschen, die unsere Arbeit ideell und finanziell unterstützt haben. Ohne diese Unterstützung wären viele Aktivitäten nicht möglich gewesen.

Der 100. Geburtstag unseres Vereins ist Verpflichtung und Auftrag zugleich, Bewährtes weiterzuführen und Neues anzupacken.

Ich wünsche der 02-Familie und allen Freunden und Gästen des Vereins ein glanzvolles und fröhliches Jubiläumsjahr.

Dem Verein wünsche ich, dass er aus dem Jubiläumsjahr neue Kraft und Impulse gewinnt, um auch in der Zukunft für Biebrich eine positive Rolle zu übernehmen.

Horst Klee, 1. Vorsitzender

Seit 1998 befaßt sich das Organisationsteam mit unserem 100-jährigen Vereinsjubiläum. Was in dieser Zeit erarbeitet wurde, können sie im Rahmenterminkalender unserer Jubiläumsfestschrift ablesen.

Über das ganze Jahr hinweg wird unser Jubiläum in das laufende Vereinsgeschehen integriert. Warum sollten wir auch Veranstaltungen, Tuniere etc. erfinden wenn unser lebendiges, aktives Vereinsgeschehen eine Vielzahl solcher – heute schon traditionellen – Veranstaltungen zu bieten hat.

Unser Motto war schnell gefunden.

Ganz Biebrich feiert mit den Blauen –
Die Blauen feiern mit den Bürgern Biebrichs

Genau diesem Motto entsprechen auch unsere Veranstaltungen am 15. und 16. Juni 2002 im Festzelt der Gibber Kerbegesellschaft, der ich an dieser Stelle unseren Dank für die Unterstützung und Bereitstellung des Festzeltes aussprechen möchte.

Bis zum Redaktionsschlußwar war es uns leider nicht möglich auch ein Jubiläumsspiel zu präsentieren. Ich kann ihnen aber versichern, dass wir auf gutem Wege sind ihnen einen Fußballleckerbissen präsentieren zu können.

Nicht nur mit der Gegenwart, sondern auch mit der Vergangenheit haben wir uns beschäftigt.

Als besonders gelungen kann ich ihnen unsere Vereinschronik, welche als Buch erscheint und käuflich erworben werden kann, empfehlen.

An dieser Stelle möchte ich mic herzlichst bei meinen Mitstreitern im Orga-Team für die Zusammenarbeit bedanken. Einen besonderen Dank an H.J. Vogt, unter dessenFederführung diese Vereinschronik entstanden ist. Unterstützt wurde er dabei tatkräftig von unserem 2. Vorsitzenden H.-J. Hauzel und Pressewart H. Schuhmacher.

Ob unser Jubiläum gelingt, das hängt vor allem in großem Maße von Ihnen liebe Freunde der Blauen ab. Ich hoffe Sie nehmen unsere Angebote an.

Ihnen und uns wünsche ich viel Spaß und Freúde im Jahre 2002, dem Jahr unserer Blauen

Ihr Bernhard Fuidl

Blau und Weiß von Anfang an

Es muss ein guter Stern gewesen sein, der am 10. November 1902 über dem „Deutschen Kronprinz“ in Biebrich gestanden hat. Heinrich Schwalbach, der zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde, Ludwig Müller, August Haus, Franz Ries, Carl Seifert, Wilhelm Weber, M. Jost, W. Ohlenmacher, Fritz Höhn, Fr. Wietzel und eine handvoll weiterer Mitstreiter gründetenden Biebricher Fußball- Club 02. Während andere Vereine kamen und gingen, erwies sich ihre Schöpfung schnell als gesundes, rasch wachsendes, kräftiges und bis heute allen Unbilden gegenüber widerstandsfähiges Wesen.

In nunmehr 100 Jahren wechselten die Biebricher nicht einmal ihre Farben. Blau und Weiß von Anfang an. und seit dem 7. April 1913 ist auch der Name unverändert. Dem nationalen Hochgefühl der Vorkriegszeit folgend, entschied sich die Jahreshauptversammlung, das von den ungeliebten Engländern stammende Iduom abzulegen. Aus dem Club wurde der Biebricher Fußball-Verein 02 – und er ist es bis heute geblieben.

Den Sportbetrieb aufrechtzuerhalten, den Biebrichern ein fußballsportliches Angebot zu unterbreiten, war offensichtlich stets das oberste Gebot der Vereins-Verantwortlichen. Und das hat zu einer Kontinuität geführt, die ihresgleichen selbst bei ausdauernder Mühe hierzulande vergeblich sucht.

Mitte 1915 zum Beispiel waren von 130 Mitgliedern noch drei in Biebrich. Zusammenmit der Vereinswirtin Frau Sauter und dem damaligen Vorsitzenden Karl Kilz hielten sie Verbindung zu den Fußballern, die draußen in den Gräbe des elenden Stellungskrieges zu überleben hofften. Sie schrieben Briefe und schickten Fresspakete. Das schaffte Dankbarkeit, sorgte für freundliche Erinnerung. Bereits 1916 konnten die 02er so wieder eine Mannschaft zu den Verbandspielen melden, an denen man sich erstmals seit 1905 neun Jahre lang nach Kriegsbeginn beteiligt hatte.

Die Geschichte machte Bocksprünge. Im Fußball-Verband wurde das vorwiegend dadurch deutlich, wenn sich mal wieder die Klasseneinteilung änderte. der BFV 02 spielte und spielte – gegen wen auch immer – in einer einmaligen, aus der zeitlichen Entfernung fast gleichgültig wirkenden Konstanz, die sich hervorragend in den historischen Tabellen ablesen lässt: Als einer der letzten vor dem Zusammenbruch, und er war 1945 gleich wieder dabei, als die Landesliga Großhessen ihre Rund aufnahm. Hermann Barthel hatte es geschafft, bei der Gründungsversammlung des Hessischen Fußball-Verbandes die Eingliederung in die oberste Amateurklasse zu bewirken.

In der Festschrift zum 52er Jubiläum wurden die tausend Jahre des Dritten Reiches, die letztlich nur zwölf hatten währen sollen, schamhaft ausgeklammert. Doch auch in dieser Zeit rollte der Fußball – in Biebrich nicht einmal schlecht. Die 02er standen sportlich in voller Blüte, als sie von 1937 an in der zweithöchsten Klasse spielten. Christel Kraus zählte unzweifelhaft zu den großen Stars der Region, vertrat den Verein in Auswahlmannschaften. Sogar die Reichstrainer hatten ein Auge auf ihn geworfen. Christel Kraus fiel im Krieg, sein Vater Christian sollte in den späten 40er Jahren den Vorsitz der 02er übernehmen.

Natürlich sind Vereine damals benutzt, politisch missbraucht worden. Reichssportführer von Tschammer, dessen Name seinerzeit der Pokalwettbewerb trug, machte keinen Hehl aus der staatstragenden Rolle, die das Regime der Durchführung von Sportveranstaltungen selbst und gerade in Kriegszeiten zuerkannte. Schon 1935 musste auch von den Fußballern mit großem Brimborium die Wiedereingliederung des Saargebiets begannen werden. Den sportlichen Vergleichsspielen – Saar 05 wurde von der 02-Mannschaft 5:2 bezwungen – ging ein Fahnenumzug der Fußballer durch Biebrich voraus.

Wieso sollten wir uns nicht erinnern, dass auch hier einst Embleme aus jenen Fahnen gerissen wurden? Die Pragmatiker des Biebricher Fußball-Vereins wussten die Stoffe für ihre Zwecke zu nutzen: aus ihnen wurden 1945 die ersten Trikots der neuen Epoche genäht.

Die größten, die ruhmreichsten Jahre der Blauen wurden mit der Bezirksmeisterschaft und dem Aufstieg in die erste Amateurliga 1957 eingeleitet. Das Team von Heinz Przybilla sorgte nun landesweit für Schlagzeilen. Als größter 2Sohn“ der 02er-Familie machte Jügen Grabowski später Karriere in der Bundesliga und wurde 1974 mit der Nationalmannschaft Fußball-Weltmeister. Was gibt`s erfreulicheres, als sich anlässlich eines hohen, runden Geburtstages der schönsten Stunden erinnern zu können? Auch die Spieler der Hessenliga-Jahre tun das bei ihren regelmäßigen Treffen, zu denen auch der Biebricher Nostalgie-Cup zählt, bei dem seit 1996 in jedem Januar Wiesbadens Fußball-Größen der vergangenen Jahrzehnte zusammenkommen.

Nicht ganz so schön das Erinnern, aber sicher genauso bemerkenswert und bedeutsam ist die Leistung des Vereins, den Ende der 60er Jahre einsetzenden Niedergang überstanden zu haben. Viele Weggefährten, die mit den Blauen gemeinsam in der Hessenliga spielten, Westend Frankfurt, Preußen Frankfurt, Viktoria Urberach, Hanau 93, der FV Horas, der SV Herborn und wie sie alle heißen, sind inder Versenkung verschwunden oder existieren gar nicht mehr.

Auch beim Biebricher Fußball-Verein 02 wurde anlässlich der Jahreshauptversammlung 1971 laut über ein Ende der Eigenständigkeit nachgedacht. Die Mitglieder gingen auf die Barrikaden, schickten den eben gewählten Vorsitzenden Paul Haas ob seiner nachgerade blasphemischen Äußerungen in die Wüste und vertrauten Horst Klee die Vereinsgeschicke an.

1982 schon, als der Klub sein 80-jähriges Bestehen feierte, war alles wieder in Butter: die 02er finanziell gesund, mit der größten Jugendabteilung weit und breit; und die erste Mannschaft gehörte wieder zu einer Verbandsspielklasse. Bei gleichbleibenden und sinkenden Platzeinnahmen wurde der Etat binnen eines Jahrzehnts verdoppelt. Eine schier unvorstellbare Leistung, den Haushalt jedesmal auszugleichen. Zumal sich die 02er-Verantwortlichen zu keinem Zeitpunkt in die Hände obskurer Mäzene begeben haben. Während die Nachbarn und zeitweiligen Liga-Konkurrenten Biebrich 76, Kassel 06, SV Wiesbaden, Germania Wiesbaden und SV Hallgarten heftigsten Eruptionen ausgesetzt waren, durften die Blauen stolz sein auf ihre unspektakuläre Vereinsarbeit und die stets schuldenfreien Bilanzen.

Die wesentlichen Ereignisse der jüngeren Vereins-Vergangenheit sind die allgemein eher weniger beachteten. Da ist zunächst und vor allem einmal die Tatsache, dass sich die Namen der verantwortlichen Macher mit wenigen Ausnahmen nicht geändert haben. Wechsel steht viel mehr im Lichte der Öffentlichkeit als die alljährlichen Widerwahl-Zeremonien der Blauen. Aber sie sorgten für Vertrauen in die Verlässlichkeit der Vereinspolitik. Horst Klee ist seit über 30 Jahren Vorsitzender, Hartmut Steindorf seit 25 Jahren Jugendleiter. Horst Seilberger engagiert sich fast seit einem halben Jahrhundert für seine Blauen.

Stets auf der Suche, mit den vorhandenen finanziellen und personellen Möglichkeiten den Anforderungen an einen zeitgemäßen Fußballverein gerecht zu bleiben, hat der Biebricher Fußball-Verein seinen Weg gefunden. Einige Meilensteine der „Neuzeit“:

1977 wurde das eigene Klubheim gebaut, 1983 bereits der Anbau realisiert. Im Dezember 1985, als von der Ausländer-Problematik sonst noch kaum jemand redete und Gesprächsrunden zum Thema nicht in heutigem Maße modern waren, wurde in eben jenem Klubheim auf Einladung der 02er die Integrationskraft der Sportvereine diskutiert. Neben anderen würdigte der damals beim hessischen Sozialministerium mit Sport befasste, einstige Weltklasse-Mittelstreckler Franz-Josef Kemper die Leistung der Blauen bei der Eingliderung Ausländischer Jugendlicher.

Drei weitere Diskussionsveranstaltungen – 1987 zur Frage, ob Sport zum Beruf zwangsläufig in Konflikt stehe oder günstige Ergänzung sei, 1990 zum Thema Sport und Wirtschaft sowie 1995 zur Integration im Sport – demonstrieten, dass im Biebricher Fußball-Verein nicht nur Sport getrieben, sondern auch darüber nachgedacht wird.

Sicher in dieser Form eine seltene Konstruktion: der 1988 erstandene Freundeskreis, der sich seitdem regelmäßig einmal im Monat trifft. Bei diesen Stammtisch-Abenden wirft keiner sinnlos mit Tausendern, aber jeder macht sich Gedanken, was möglich und wie dem Verein sinnvoll zu helfen ist. Und wenn erfolgreiche Geschäftslute gemeinsam nachdenken, ist das – wie sich gezeigt hat – das Schlechteste nicht.

Ein für alle sichtbare Ausflug dieser Stammtischtreffen ist die „Blaue Nacht“, die im vergangenen August zun 14. Male mit großem Erfolg im Festzelt auf den Gibber Bleichwiesen gefeiert wurde. Der dort erwirtschaftete Gewinn trägt ebenso maßgeblich zur Etatdeckung bei wie das Engagement, mit dem die 02er ihren Stand beim jährlichen Mosburgfest im Schlosspark betreiben. Ohnehin versteht der Verein, der in den 20ern über eine eigene Gesangsgruppe verfügte, auch heute noch in unnachahmlicherweise Tassen und Puppen tanzen zu lassen.

Nach zehnjähriger Unterbrechung nahm der Verein auf Initiative des damaligen Geschäftsführers Bernhard Fuidl die neuerliche Herausgabe einer Vereinszeitung auf. Sie dient nicht nur – wie vielerorts üblich – der Aufbesserung der Kasse durch ein gutes Anzeigengeschäft, sondern bemüht sich darum, Biebricher und Verein einander wieder näherzubringen. Kein anderer fußballverein in und um Wiesbaden, der ein derartiges Produkt über so lange Zeit – nun schon fast 20 Jahre – kontinuierlich jeden Monat auf den Markt bringt.

Die sportlichen Veranstaltungen und Leistungen dienen als Spiegel der Vereinsarbeit. Dabei sollte nicht der Fehler gemacht werden, heutzutage noch die Situation einer ersten Mannschaft isoliert zu betrachten. Das wäre nicht aussagekräftig, vermittelte ein schräges Bild. Bei den Blauen – das wird sicher deutlich – freut man sich genauso über die schönen Erfolge des nachwuchses, ist geradezu vehement stolz auf die internationalen C-Jugend-Tuniere, die im Zwei-Jahres-Rhythmus aus dem Dyckerhoff-Sportfeld einen glückseligen Mikrokosmos machen. Seit zwei Jahrzehnten besitzt der Verein die größte und auf Dauer auch mit Abstand erfolgreichste Jugendabteilung des Fußballkreises Wiesbaden. „Beispiel sinnvoller Jugendarbeit“ und „Gelebte Völkerverständigung“ waren nur zwei der vielen positiven Schlagzeilen, die sich die 02er auf diese Weise verdienten.

Die 14 Jahre Landesliga von 1980 bis 1994 schienen vielen langweilig. In der Zeit danach haben sich manche Blaue in diese an Aufregungen arme Epoche oft genug zurück gewünscht. Denn nun wurden auch die 02-Verantwortlichen aus ihrer Idylle gerissen und erlebten eine Vielzahl menschlicher Enttäuschungen. Dreimal mussten sie binnen sieben Jahren einen Neuaufbau einleiten, nachdem jeweils quasi der komplette Kader der ersten Mannschaft den Verein verlassen hatte. Die Biebricher ließen sich nicht erpressen, und ihr Mut wurde belohnt. Jetzt zahlte sich die kontinuierliche gute Nachwuchsarbeit aus. Mit blutjungen Spielern aus den eigenen Reihen wurde der von vielen prophezeite Absturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit vermieden. Auch die erste Mannschaft trägt heute dazu bei, dass der BFV im Fußball der Landeshauptstadt die Nummer eins ist.

Die bedeutung der Jugendlichen, die Förderung des Nachwuchses und die Eingliederung der größten Talente in den aktiven Spielbetrieb wird das 02-Programm bleiben. Die auch finanziellen Bemühungen werden in dieser Richtung noch verstärkt, um weiter unabhängig sein zu können und fit zu werden für die Zukunft.

All dies ist ohne ehrenamtliche Helfer nicht vorstellbar. Die 02er sind – dank ihrer intakten Strukturen von der F-Jugend bis zu den Alten Herren – in der glücklichen Lage, über solche Mitstreiter in vergleichsweise hoher Zahl zu verfügen. Von ihnen wird zwar großer Einsatz gefordert. Aber diese Mühe unermüdlich auf sich zu nehmen, gibt Sinn und bereitet Freude.

Diesen Helfern das Erlebnis des positiven Wirkens und das Wir-Gefühl der freundschaftlich verbundenen Gemeinschaft zu vermitteln, ist die vordringliche Aufgabe der Verantwortlichen. Beim Biebricher Fußballverein haben sie die Idealisten, angefangen bei der Frau Sauter, die 1915 den 02-Fußballern Fresspakete an die Front geschickt hat, zu allen Zeiten höher geschätzt als eingebildete Geldsäcke, deren Launen sich auszusetzen, allenfalls kurzfristigen Erfolg zeitigt. Der Biebricher Fußball-Verein ist nicht der Platz für Abenteurer, für Freunde waghalsig-rauschiger Episoden. In seinem Alter denkt man nicht an den nächsten Tag, sondern in Souveränität ans nächste Jahrhundert.

Heinz-Jürgen Hauzel

Biebrich im Gründungsjahr

Das Gründungsjahr des Fußball-Vereins Biebrich 02 führt uns in eine der wichtigsten und interessantesten Epochen der Biebricher Geschichte. Biebrich war 1902 noch eine selbständige Stadt, also noch nicht nach Wiesbaden eingemeindet – ein Schritt, der erst 1926 erfolgen sollte. Die Stadt zählte am 30. 10. 1902 15.956 Einwohner. Sie war nach Wiesbaden die größte Stadt im preußischen Regierungsbezirk gleichen Namens; zugleich gehörte sie zum Landkreis Wiesbaden.

In den beiden Jahrzehnten zwischen 1890 und 1910 verdoppelte sich nahezu die Einwohnerzahl von 11.023 auf 21.199. Aus allen Gegenden des Deutschen Reiches zogendie Menschen hierher, um in den Biebricher Industriewerken Arbeit zu finden.

Den vielfältigen Anforderungen, die an eine derart gewachsene Stadt gestellt wurden, waren die Stadtväter damals nachgekommen. Unter hohem Aufwand an Kosten wurden Wasserleitungen gelegt. Kanalisation gebaut, Straßen gepflastert, Gehwege befestigt und freie Plätze angelegt. Rathenauplatz ( Kaiserplatz ) Friedensanlage ( Wilhelmsanlage ) und Herzogsplatz sind damals entstanden.

Besonders hervorzuheben ist, daß Biebrich 1902 mit vier Volksschulen über ein vorzügliches öffentliches Schulsystem verfügte, an dessen Spitze das Realgymnasium mit Realschule, aus dem später die Riehlschule hervorging, und das Lyzeum standen.

An der Spitze der Stadtverwaltung standen Rudolf Vogt als erster und August Wolff als zweiter Bürgermeister. Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung war der Fabrikant Dr. Ludwig Beck.

Auf ihr Rathaus waren die Biebricher besonders stolz. Es war 1876 auf der Grenze zwischen Biebrich und Mosbach errichtet worden. Bereits 1906 wurde es umgebaut und erhielt einen Anbau.

Verkehrsmäßig war Biebrich ausreichend angebunden. vier Bahnhöfe gehörten 1902 zur Stadt: der Rheinbahnhof, auf der Anhöhe oberhalb des Zollamtes, der 1905 zur Wilhelm-Kalle-Straße zurückverlegt wurde, die Bahnhöfe Curve ( Biebrich-Ost und Biebrich-West ) sowie die Stadion Chaussehaus im Biebricher Wald an der Aartalbahn gelegen. ( Zu Biebrich gehörten damals große Waldgebiete am Fuße des Schläferskopfs ). Auch die verkehrsmäßige Verbindung nach Wiesbaden war gut gelöst. Seit dem 18. Mai 1899 fuhr die Dampfbahn zwischen dem Rheinufer und dem Nerotal. 1900 wurde sie von der elektrischen Straßenbahn abgelöst.

Der Biebricher Hafen hatte damals noch eine viel größere Bedeutung als heute. Zunächst natürlich für den Fremdenverkehr. Hier landeten alle Schiffe der beidengroßen Rheindampferlinien, der Köln-Düsseldorfer und der Niederländer. Von hier aus konnte man am bequemsten Wiesbaden, Langenschwalbach ( Bad Schwalbach ) und Bad Homburg sowie die Handels- und Messestadt Frankfurt am Main erreichen. Aber auch für die Güterdampfer war Biebrich ein idealer Landeplatz, zumal ein Königliches Zollamt mit Lagerräumen vorhanden war.

Für die Touristen war das Biebricher Schloß eine große Attraktion. Es war noch im Besitz des früheren Landesherrn, des Herzogs Adolph von Nassau, der 1866 seinen Thron verloren hatte und 1890 Großherzog von Luxenburg geworden war. Auch der Schloßpark war ein Anziehungspunkt für Fremde und Einheimische.

So galt Biebrich im Jahre 1902 nicht nur als günstiger Ort für Handel und Gewerbe, sondern auch als ideale Wohnstadt.

Dr. Rolf Faber